An meinen Enkel

Lieber Elmo,
als Du 1 Jahr und 1 Monat alt wurde’s, gab es einen Super-Wahl-Sonntag. Das bedeutet, in drei Bundesländern wurde gewählt. Die Ergebnisse dieser Landtagswahlen haben viele Menschen in meinem Umfeld erschrocken – mich auch. Zuerst dachte ich, ich höre mir keine Nachrichten an, lese keine Zeitung und schalte auch den Fernseher nicht ein, dann muss ich mich mit dieser Katastrophe nicht beschäftigen. Doch dann dachte ich, was werde ich antworten, wenn Du mich eines Tages mal fragst, was ich an dem Montag nach diesen Wahlergebnissen gemacht habe?
Da wurde es für mich schwierig.
Ich war und bin kein unpolitischer Mensch. Ich habe gegen den Vietnamkrieg demonstriert, gegen die Stationierung von Mittelstreckenraketen im Hunsrück, habe die Frauen- und Friedensbewegung in diesem Land miterlebt und darüber als Fotografin berichtet, habe viel gelernt. Habe gegen Miethaie mein Wort erhoben und gegen Nazis, habe über Arbeitskämpfe und Randgruppen via meiner Fotografie berichtet.
Und nun?
Ich kann nicht mein Alter, meine Politikverdrossenheit, meine Nachrichtenmüdigkeit als Entschuldigung anführen. Ich muss eine Haltung haben gegen etwas, das ich aus tiefstem Herzen ablehne – rechtsextreme oder völkische Tendenzen. Diese Partei ist nicht nur “im politischen Spektrum rechts” oder “nationalkonservative”, nein, sie ist faschistisch orientiert. Das zeigen ihre Aussagen zu Themen wie Asyl- und Ausländerpolitik, sowie Islamismus, die sie in den Vordergrund ihrer politischen Arbeit stellen. Die Menschen, die diese Partei in ihren Landtag gewählt haben sind zum Teil vielleicht nur dumm, enttäuscht oder uninformiert. Auf jeden Fall wollen sie eine Veränderung ihrer bisherigen Situation. Ob sie diese richtig einschätzen weiß ich nicht.
Was kann ich tun?
Nicht viel, befürchte ich!

Doch ich kann mich dazu bekennen, das Vielfalt Reichtum ist und unsere Gesellschaft zu einer besseren macht und ich auf keinen Fall darauf verzichten möchte.
Das Humanismus ein Wert ist, der nicht zur Diskussion steht.

Aus diesem Grund habe ich gerade ein Poster bestellt, das ich in mein Schaufenster hängen werde.

“Hallo Frau Knappe,
bin nach wie vor Fan ihres news blog und sie haben mir mit ihrem blog über die Vielfältigkeit in der Gesellschaft sehr aus der Seele gesprochen. Das Plakat finde ich großartig und es zeigt die Schönheit der Menschen genau in ihrer Unterschiedlichkeit. Nur in dieser Verschiedenheit wird das Weltenpuzzle bunt und der Horizont weiter….”

Sehr geehrte Frau Knappe, 
ich bin eine eifrige Leserin Ihres Blogs und ein großer Fan Ihrer Arbeiten.
… deshalb wähle ich diesen Weg, Ihnen meine Hochachtung und Freude auszudrücken, dass Sie sich als Künstlerin und Mensch zu den gestrigen Wahlergebnissen positionieren. Ich habe gerade gestern auf Facebook eine Diskussion im künstlerischen Freundeskreis geführt, dass das oft zitierte Auswanderungsverlangen und die Diskussion, diesem Deutschland den Rücken zu kehren keine Option ist. Gerade Künstler haben die Möglichkeit und m.E. die Pflicht auf Missstände aufmerksam zu machen, weil Kunst (fast) alles darf. Eigentlich sollten sich die Künstler, die gerade als eine Gruppe, die fast täglich ums materielle Überleben kämpft, häufig selbst auf Harz IV angewiesen ist oder mit Nebenjobs für die täglichen Ausgaben aufzukommen versucht, gegen diese unsägliche Partei und den von ihr geschürten Rassismus und Hetze etwas dagegen setzen. 
Und da lese ich heute Ihren Blogbeitrag und finde Ihre Aktion ermutigend und hoffnunggebend. …  Sie machen Ihren Protest öffentlich, indem Sie dieses Plakat in Ihr Studiofenster hängen wollen und damit Position beziehen und das finde ich großartig. Vielleicht wäre diese Ihre Aktion sogar Anstoss, dass es Ihnen Viele gleichtun. 
Herzliche Grüße und eine erfolgreiche Woche wünscht Ihnen

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