Als ich im Mai dieses Jahres beschloss nach Paris zu fahren, hatte ich die verschrobene Vorstellung wie Eugene Atget durch diese Stadt zu bummeln und Fotos zu machen.

Was ich dabei nicht bedacht hatte, war:

  • ich habe keine Leica
  • mein Alter und somit meine körperliche Verfassung
  • das Wetter
  • wir leben im 21. Jhrd.

Was ich damit sagen will ist, sobald ich meine Nikon in die Hand genommen hätte, wäre ich aufgefallen, was ich nicht wollte.
Ich bin nicht mehr so beweglich wie mit 30 und wenn es zu heiß wird, geht bei mir gar nichts mehr.
Die Stadt ist voller Menschen.
So habe ich nur mit dem Handy Fotos gemacht, um überhaupt welche zu habe. Doch erzählen kann ich, wie es so war, um 6:00h früh in einen Zug zu steigen.

Ich war schon das ein und andere Mal in Paris. Zuletzt in 2019, da sogar 2x. An dem einen Tag war es viel zu heiß und an dem anderen hat es nur geregnet. Und ich habe mir unterhalb von Sacré-Cœur einen Hut gekauft, den setze ich seit dem auch bei Shootings ein.

Von Düsseldorf aus gibt es einen Zug, der in knapp 4 Stunden in Paris ist und mit dem ich dann am gleichen Tag wieder zurückfahre. Als ich mir das Ticket im Mai bestellte, so frühzeitig ist es bezahlbar, hatte ich die Idee einen Tag lang durch die Stadt zu streifen und sie auf mich wirken zu lassen. Ich wollte meine Kamera mitnehmen und dem Zufall die Regie übertragen.
Nach der Erfahrung, die ich in Hamburg gemacht habe, als ich dort 1 Woche lang das € 9 Ticket ausreizte, wollte ich doch nicht nach Paris, denn es sollte am 1. September unerträglich warm werden. Was sich jedoch dann noch änderte. Außerdem ist das Ticket nicht übertragbar, wie ich dann feststellen musste.

Ich hatte einen handlichen Reiseführer, in dem zahlreiche Spaziergänge beschrieben waren. Am Bahnhof Gare du Nord angekommen habe ich mich erst einmal nach einem Automaten umgesehen, an dem ich ein Tagesticket für den ÖPNV ziehen konnte. Habe einen gefunden und das Ticket gezogen.

Ich hatte beschlossen, ich fahre mit der M4 bis zur Station Cité. Von dort aus wollte ich zum Pont Neuf laufen.

In der Nähe des Justizpalastes habe ich dann meine erste Tasse Milchkaffee in Paris getrunken.

Dann bin ich auf die Rue de Harley und zu dem kleinen dreieckigen Place Dauphin, dem ältesten der Pariser Königsplätze gelaufen.

Mit Erreichen des Reiterstandbildes Heinrich des IV hatte ich die Inselspitze und die Pont Neuf erreicht. Das ist die älteste Brücke in Paris. Hinter dem Reiterstandbild sah ich, dass die nächste Bootsfahrt auf der Seine in wenigen Minuten starten würde. Daher ging ich die Stufen runter, kaufte mir ein Ticket und bestieg das Boot.
Die Temperaturen waren angenehm und ich sollte diese Entscheidung nicht bereuen. Der Blick vom Boot aus, bei der Fahrt unter einigen der 37 Brücken von Paris hindurch, auf die vorbeiziehende Stadt war interessant. Doch mir wurde schon bald bewusst, dass ich meine Nikon hätte beruhigt in Düsseldorf lassen können, den mit dem Handy fotografierte sich einfacher und mir war nach „einfach“.

Das ultimative Beweisfoto: Ich war in Paris.

Sie stellt sich für das Foto, das ihr Freund mit dem Handy macht, in Pose.

Nach der Bootsfahrt beschloss ich mich auf den Weg zur Rue Campagne Premiere 31 zu machen. Dort haben Man Ray und Lee Miller gewohnt.

Das Wetter ist noch recht gut und ich lasse mich einfach treiben! Ich genieße die Stimmung in dieser Stadt gerade sehr, die Architektur, die definitiv nicht aus der Gegenwart ist, die kleinen Straßen, das Kopfsteinpflaster und sauge alles auf, was sich meinen Augen bietet!

Doch langsam wird es immer wärmer und das tut mir nicht gut. So suche ich mir erst einmal ein Restaurant, um eine Kleinigkeit zu essen. Es ist schon eigenartig – ich spreche kein Französisch – hier zu sitzen und kein Wort zu verstehen!

Ich befinde mich im Quartier Saint-Germain-des-Prés. Das ist das 6. Arrondissement und es liegt unmittelbar an der Rive Gauche, dem linken Seineufer.

Und plötzlich sehe ich ihn, mit einer analogen Hasselblad. Nun muss ich mir aber eine Ausrede einfallen lassen, um zu erklären, wieso ich mit meiner Nikon keine Fotos gemacht habe, wenn da Einer mit einer noch größeren Kamera durch Paris läuft.
Vielleicht bin ich einfach keine Streetfotografin? Dabei habe ich die längste Zeit meines Berufslebens Reportagen, also auf der Straße fotografiert. Doch hier in Paris bin ich das einfach nicht.
Ich erinnere mich da an etwas. Als ich, das muss 1989 gewesen sein, nach dem ich in Alexandria, in der Nähe von Washington DC einen Sprachkurs besucht habe und drei Monate lang eine Studentin war, wollte ich jetzt als Fotografin weiter durch die USA reisen. Doch, wenn ich zurückdenke, erinnere ich, dass sich dieses Gefühl „ich bin Fotografin“ nicht wirklich eingestellt hat.
Genau wie jetzt in Paris. Dabei bin ich ziemlich sicher: Ich bin Fotografin.

Auf meinem Weg komme ich am Jardin du Luxembourg vorbei und inzwischen behindert mich die aufsteigende Hitze und ich suche mir einen Platz im Schatten um ein wenig auszuruhen.
Und schon schätze ich mein Handy und die Tatsache im 21. Jhd. zu leben sehr, denn via Facetime spreche ich mit meinen Lieben zu Hause in Deutschland.

Wenn nicht gerade der elektrische Rasenmäher unterwegs wäre, könnte es recht beschaulich sein.
Ich beschließe die nächste Metrostation zu suchen und zurück zum Gare de Nord zu fahren, den zu allem anderen reicht meine Energie nicht mehr. Ja, so ist das eben, wenn frau 72 Jahre alt ist. Vielleicht schenke ich diesem Fakt zu wenig Beachtung?
Beinahe wäre ich an der Metrostation St. Placide vorbeigelaufen, den ich habe sie nicht gleich als solche erkannt.

Am Bahnhof angekommen stelle ich fest noch jede Menge Zeit zu haben bis mein Zug abfährt und genieße es dem Klavierspieler zuzuhören. Dann sehe ich mir die Reisenden an. Da sind Geschäftsleute, ältere Damen und junge Wilde und Familien. Meist quält sich der Mann mit 3 Koffern und diversen Handtaschen ab und die Frau schiebt den Kinderwagen mit 2 Kindern drin. Viele Kinder jeden Alters sehe ich. Unterschiedliche Mengen von Gepäckstücken in allen Größen und Ausführungen. Und diese unendlich unschuldig aussehenden Teenager, die wohl gerade 18 Jahre alt gewordenen Mädchen, die in dieser Stadt ihre Erfahrungen machen wollen.
Und ich erinnere mich an meine Tochter. Sie ist alleine durch Frankreich gereist. Erst einige Jahre später hat sie mir dann gestanden, dass ihr Geld nicht mehr für eine Übernachtung in Paris gereicht hat. Sie ist dann eine Nacht lang durch die Stadt gelaufen, weil der Zug zurück nach Hause erst am nächsten Morgen fuhr. Seitdem ich das weiß, wundere ich mich nicht mehr, wie gut sie sich in Paris auskennt.

Im Januar 2015 war ich mit meiner hochschwangeren Tochter in Paris – Elmo wurde im Februar geboren – sie hatte mich zum Besuch einer Magnum Ausstellung eingeladen.

Das war im Juni 2019 – Sonnenschein

Oktober 2019 – Paris im Regen

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