ADHS arbeitet nicht linear.
Es arbeitet in Ereignis-Clustern:
Chaos → Reizüberflutung → Verlust des Fadens und dann plötzlich: Handlung.
Ich habe mich mal wieder komplett verloren.
Auf der Suche nach Unterlagen für die Steuererklärung blieb ich an einem anderen Thema hängen — meinem Archiv. Ein einziges Dokument genügte, und ich war weg. Zeit löste sich auf, Prioritäten auch. Mein Gehirn war im Tunnel, aber nicht in dem, den ich geplant hatte. Doch das, was ich fand, war wertvoll:
Auszug aus dem Expose zum
Thema: Fotografinnen – entstanden im Zusammenhang mit meiner Diplomarbeit – wahrscheinlich 1995/1996
Gibt es Sujets, die von Fotografinnen bevorzugt werden?
Gibt es ein frauenspezifisches Grundmuster im Umgang mit der Fotografie?
Haben Frauen eine andere Wahrnehmung von der sie umgebenden Realität als Männer?
Ich schrieb damals über Marcel Duchamps „Fontäne“, ein Readymade — ein Urinal. Ein Gegenstand, der im Leben eines Mannes selbstverständlich ist.
Für mich: ein Fremdkörper. Ein Symbol eines anderen Blicks. Ich fragte, ob Frauen in ihrer Fotografie — ähnlich wie Autorinnen in der Literatur — eine eigene Ästhetik entwickeln. Eine, die nicht Kopie männlicher Blickregime ist. Eine eigenständige Bildsprache. 
Heinz Winfried Sabais formulierte es so: „An manchen Fotos wird man trotzdem unschwer erkennen, dass sie weiblich gesehen und disponiert worden sind. Das ist ihre Stärke.“
Damals schrieb ich:„Wenn eine fotografische Entscheidung aus der Persönlichkeit der fotografierenden Person gespeist wird, dann ist es nicht unerheblich, ob dieser Mensch seine Sozialisierung als Frau oder Mann erfahren hat.“
Damals wusste ich intuitiv, was ich später begriff:
Fotografie ist kein neutraler Akt.
Fotografie ist Standort.
Fotografie ist Haltung. 
„Ich möchte behaupten, aus dem Kreis herausgetreten zu sein, der aufgrund meines biologischen Geschlechts um mich gezogen worden ist, ohne meine Identität aufgegeben zu haben.“
Heute, Jahrzehnte später, erkenne ich:
Dieses Fragment aus meiner Diplomphase ist nicht nur eine theoretische Reflexion. Es ist eine frühe Selbstbehauptung. Und vielleicht ist das der Kern, der mich bis heute antreibt:
Ich habe nicht fotografiert, um gesehen zu werden.
Ich habe fotografiert, um mich nicht verlieren zu müssen.
 Zitat:
…
Die Bildsprache in Fotografien ist eine Kombination aus dem System der Zeichen und der persönlich motivierten Entscheidung, wie diese Zeichen auf der zu gestaltenden Fläche einer Fotografie angeordnet werden. Wenn es so ist, dass eine „persönlich motivierte Entscheidung“ sich aus der Persönlichkeit des fotografierenden Menschen speist, ist es nicht unerheblich, ob dieser Mensch seine Sozialisierung als Frau oder Mann erfahren hat. Ebenso wie Schriftstellerinnen und Dichterinnen formulieren Fotografinnen ihren eigenständigen Blick auf die gesamte gesellschaftliche Wirklichkeit.
Mein Zugang zum Thema und mein Erkenntnisinteresse sind sowohl objektiv – die Situation von Frauen ist in den letzten Jahren in nahezu allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens Gegenstand der Diskussion – als auch subjektiv. Wenn ich als Schülerin oder Jugendliche über meine berufliche Zukunft und eine diesbezügliche Entscheidung nachgedacht habe, gab es für mich keinen anderen Beruf als die Fotografie. Warum, habe ich nie gefragt, obwohl dieser Wunsch nicht meiner Sozialisierung entsprach. Im Gegenteil, er widersprach dieser an mich gerichteten, unausgesprochenen Aufforderung, dass ich in die für mich verfügbare, durch das Norm- und Regelsystem der Gesellschaft zugewiesene Rolle innerhalb der Gesellschaft, hineinwachse. Ich möchte behaupten, aus dem Kreis herausgetreten zu sein, der aufgrund meines biologischen Geschlechts (Geschlechtsrolle) um mich gezogen worden ist, ohne meine (Geschlechts-) Identität aufgegeben zu haben.