Zwischen Satz und Schritt
Über die Lust am Schreiben und die Notwendigkeit, mich zu bewegen
Ich schreibe viel. Und gerne.
Doch ich weiß auch: Wenn ich mich nicht bewege, verliere ich die Fähigkeit, eigenständig zu leben.
Bewegung ist keine Nebensache – sie ist meine tägliche Entscheidung für Autonomie.
Dies ist ein Text über das Ringen zwischen Schreiben und Körper, über Widerstand, Angst – und den Wunsch zu bleiben.
Es gibt Tage, an denen ich mit einem Satz erwache.
Er kommt wie eine Welle. Nicht laut, nicht fordernd – aber unaufschiebbar.
Ein Satz, der mich ruft, wie ein Kind, das getröstet werden will.
Dann setze ich mich an den Computer. Und schreibe.
Und schreibe.
Ich vergesse die Zeit.
Vergesse die To-do-Liste, die Medikamente, das Frühstück.
Ich bin in meinem Element. In meiner Sprache. In meiner Spur.
Wenn ich schreibe, bin ich aufrecht. Innen.
Doch während mein Text wächst, sackt mein Körper ab.
Die Beine werden schwer.
Der Rücken steif.
Die Füße kalt.
Und irgendwo in mir flüstert eine Stimme, leise, fast verschämt:
„Du wolltest heute ins Gym.“
Ich weiß, dass Bewegung keine Option ist.
Sie ist Bedingung.
Für meine Autonomie. Für meine Selbstständigkeit. Für mein Leben ohne fremde Hilfe.
Und doch bleibe ich sitzen.
Finde Ausreden.
Verhandle mit mir selbst: Nur noch dieser Absatz. Nur noch diese Idee zu Ende denken.
Das Schreiben zieht mich – mit Kraft, mit Klarheit, mit Lust.
Und ich folge.
Was mich beunruhigt, ist nicht, dass ich schreibe.
Sondern dass ich dabei vergesse, dass mein Körper Grenzen hat.
Und dass mein Recht auf Sprache nur dann bestehen bleibt,
wenn ich in der Lage bin, selbst zum Mikrofon zu greifen.
Wenn ich nicht nur schreibe, sondern gehe.
Ich will beides.
Ich will schreiben – weil es mich lebendig macht.
Ich will mich bewegen – weil es mich handlungsfähig macht.
Vielleicht muss ich mir beides erlauben.
Nicht als Pflicht. Sondern als Dialog.
Ein Dialog zwischen Satz und Schritt.
Zwischen Tastatur und Trainingsmatte.
Zwischen dem Wunsch, innerlich zu fliegen – und äußerlich zu bleiben.
Ich beginne neu.
Morgens der erste Satz.
Dann der erste Schritt.
Keiner von beiden darf fehlen.