Heute Morgen hatte ich die Idee, mir auf YouTube ein Video zum Thema Seniorengymnastik anzusehen. Ob ich da mitmachen würde, war bisher nicht geklärt – mal schaun. Zufällig bekomme ich einen Beitrag der Sendung „Nachtcafé“ angezeigt, bleibe hängen und höre, wie eine Frau davon berichtet, wie sie erfahren hat, dass ihr Ehemann sie betrügt.
Schwupps, ich bin wieder in meinem eigenen Film zum Thema.
Warum ist das so? Habe ich das Thema nicht endgültig verarbeitet? Warum kann ich es nicht loslassen?
Okay, ich erinnere mich an eine Übung, die mich zurück ins Jetzt bringen wird:
Füße flach auf dem Boden, spüre die Verbindung zur Erde.
Sag innerlich (oder laut): „Hier ist Boden. Ich bin gehalten.“
Schau dich langsam im Raum um – ganz bewusst, mit weichem Blick.
Benenne in Gedanken 5 Dinge, die du sehen kannst.
Dann: 4 Geräusche, die du hörst.
Dann: 3 Dinge, die du spürst (z. B. Kleidung auf der Haut, Stuhllehne, Luftzug).
Dann: 2 Gerüche, wenn möglich.
Dann: 1 Geschmack im Mund.
Das bringt dich zurück in den gegenwärtigen Raum.
Du bist jetzt.
Du bist hier.
Lege deine Hand auf dein Herz – oder, wenn du willst, eine auf Herz, eine auf den Bauch.
Atme langsam ein … und lang aus.
Noch einmal: ein … und aus.
Spüre die Wärme deiner Hand.
Sag dir:
„Ich bin da.“
„Ich fühle – aber ich bin nicht das Gefühl.“
„Ich darf hier sein – mit allem, was war.“
Wenn du willst, kannst du leise summen. Ein Summen beruhigt den Vagusnerv, deinen inneren Schutzengel.
Stell dir vor, du ziehst einen leichten, durchlässigen Vorhang zwischen dir und dem, was dich gerade aufgewühlt hat. Kein Mauern, kein Wegschieben – nur ein sanftes „Ich schließe für heute“.
Und dann frage dich: Was brauche ich jetzt – in diesem Moment?
Wärme? Musik? Schreiben? Stille? Bewegung?
Bei mir war es das Schreiben.
Es ist mein Nervensystem, das sich erinnert, ohne Vorwarnung. In Sekundenschnelle.
Die Frau im Fernsehen spricht – und in mir antwortet etwas. Nicht mein bewusster Verstand, sondern mein verletzter Anteil, mein damaliges Erleben. Es ist mein inneres Warnsystem, das sich meldet und sagt: „Kenn ich. Hab ich erlebt.“
Weil mein Körper diese Geschichte noch in sich trägt.
Heute jedoch habe ich mir meine Würde zurückgeholt.
Ich habe gespürt.
Und ich bin geblieben.
Ich habe geatmet.
Ich habe mich erinnert – aber ich bin nicht in der Erinnerung verloren gegangen.
Ich habe mir erlaubt, zu fühlen, ohne mich dafür zu schämen.
Ich habe mir zugehört, ohne mich zu verurteilen.
Würde, ist keine Pose. Sie ist der Moment, in dem ich nicht mehr gegen mich arbeite. Der Moment, in dem ich meine Geschichte nicht leugne – und entscheide, welche Kapitel ich heute aufschlage.