

Antje
Antje lebt in Leipzig, als Bauingenieur arbeitet sie jedoch bundesweit. Antje ist 53 Jahre alt, lebt allein und hat zwei erwachsene Töchter.
Den ersten Knoten spürte sie im Sommer 2012. Diagnose: hormonabhängiger Brustkrebs. Was folgte, war eine Chemotherapie und Mastektomie mit sofortigem Wiederaufbau. Als Mastektomie oder Ablatio mammae bezeichnet man die Entfernung der ganzen Brust.
2017 wurde bei Antje im Ultraschall ein auffälliger Knoten gefunden. Die Biopsie zeigte, es ist ein Rezidiv. Es folgte OP, Chemo, Antikörpertherapie, Bestrahlung und Antihormontherapie bis im Frühjahr 2018.



Im Dezember 2018 spürte sie eine Verdickung an der Narbe, die größer wurde. Beim MRT im Herbst 2019 wurde erneut ein Rezidiv gefunden. Behandlung: OP, Bestrahlung und Antihormontherapie. Obwohl Antje pragmatisch zu sein scheint, macht mich ihre Geschichte sehr betroffen. Wie viel kann eine Frau aushalten, bevor sie aufgibt, frage ich mich? Doch Aufgeben war wohl nie eine Option für Antje.




Ende 2020 entdeckte sie erneut eine Verhärtung an der Narbe. Dann Krebsnachsorge, MRT und eine Biopsie ergab dann ein Rezidiv. Unfassbar, oder? Antje erzählt mir, dass sie glücklich darüber ist, dass es keine Metastasen gibt, sondern immer nur in der rechten Brust ein Rezidiv.
Nun bedeutete es endgültig Mastektomie – der Prof. im Brustzentrum war traurig, weil nun „sein“ schöner Aufbau wegmusste. Antje erachtet das für kein Problem, denn sie möchte ohne Krebs leben, weil es eine Freude ist, zu leben, sagt sie. Die Überlegung, wie vom Prof. erwähnt zukünftig eine Epithese zu tragen, kam für Antje nicht in Betracht. Sie ist eine Frau, die weder Make-Up noch viel Schmuck, noch sonst irgendwelches Beiwerk mag, sagt sie über sich. Sie will nicht ein solches »Gummiteil« bei sich tragen und sie trägt ja nicht mal gerne einen BH. Als sie dann, nach der OP wach wurde, war ihr erster Gedanke „Ich bin ja noch ich und noch da“. Seitdem freut sie sich daran, dass das innere Körpergefühl, welches schon seit 2013 offensichtlich da war, mit dem äußeren übereinstimmt, die rechte Seite des Brustkorbs sich wieder warm anfühlt und sie das T-Shirt wieder auf der Haut spürt. Natürlich gab es auch Beeinträchtigungen durch die Bestrahlung und die vielen fehlenden Lymphknoten, doch am Leben zu sein, ist für Antje das Wichtigste, wenn nun auch brustlos.

Brustlos«, jedoch nicht »Radlos«
So heißt auch ihr Blog, auf dem es um ihr Engagement in Sache »Brustlos« geht. Antje ist dem Verein AMSOB beigetreten, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, Frauen dabei zu unterstützen, nach der Brustkrebserkrankung eventuell ohne einen Brustaufbau weiterzuleben.


Antje fährt für ihr Leben gern Rad. Auf ihren zwei bisher stattgefundenen Touren verteilt sie u.a. „Mutmach-Post“ für Brustkrebspatientinnen. „Radfahren ist für mich (wie) das Leben – es geht bergauf, bergab, mit Rücken- oder Gegenwind – aber IMMER nach vorn und in Bewegung!“ Leben, das heißt für Antje auch sich für alle sichtbar zu machen, denn sie hat sich entschieden, nicht durch eine Epithese den Verlust ihrer rechten Brust zu kaschieren. Sie besucht auf der Strecke liegende Brustzentren und spricht mit Patientinnen, Ärzt:Innen und Pfleger:Innen über das Thema „brustlos leben“.
Was für eine Frau!

