Es schnürt mir fast die Kehle zu, das zu schreiben: Mein Buch ist fertig. Zumindest so weit, dass ich es aus der Hand geben könnte. Doch loslassen fällt mir schwer. Sechzig Jahre Fotografie, ein ganzes Leben in Spuren und Worten – und jetzt liegt es als fast fertige druckfertige Datei vor mir.

Fertig, und doch noch nicht abgeschlossen. Denn eine Arbeit wartet noch: die Koordinaten der Fotografien. Seite für Seite muss ich nachtragen, in welchem Jahr, an welchem Ort und in welchem Zusammenhang meine Fotografien entstanden sind. Ein nüchterner Teil der Arbeit, und doch entscheidend. Für mich eine kleine Strafarbeit, weil ich kein Gefühl für Zahlen habe. Aber sie gehört dazu, damit die Bilder nicht einfach stehen, sondern sich im Gewebe von Zeit und Erinnerung verorten lassen.

Nächste Woche werde ich in die Druckerei gehen, um den ersten Probedruck machen zu lassen. Schon der Gedanke daran macht mich atemlos: ein echtes Buch in den Händen zu halten, mit Gewicht, Papier, Fadenheftung, Hardcover. Kein Entwurf mehr auf dem Bildschirm, sondern mein Baby, das in die Welt kommt.

Und doch: Ich kann nicht loslassen. Ich feile immer wieder an Formulierungen, schiebe Seiten hin und her, als könnte ich durch ein letztes Detail das Ganze vollkommener machen. Ich halte noch fest am Buch. Darum habe ich mir auferlegt: Zumindest die kommenden zwei Tage werde ich nichts daran verändern. Nicht mehr hineinschauen, nichts machen

Vielleicht ist das Loslassen selbst der letzte Arbeitsschritt?

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