Dies ist eine Fotografie aus der Werkgruppe:

Meine Selbsterfahrung ist im wesentlichen die Erfahrung von Beziehungen, in die ich einbezogen bin.

Er saß einfach da – nicht für die Kamera, sondern in sich. Und doch: mein Blick auf ihn, seine Ahnung davon, meine Entscheidung, den Auslöser zu drücken – all das ist Beziehung. Manuel sitzt vorn im Bild, frontal, den Blick wach und gleichzeitig in sich gekehrt. Ein Schirm lehnt diagonal, fast trotzig, gegen das Fensterkreuz, das Licht fällt hart und schmal.

Das Bild atmet Stille – keine absichtslose, sondern eine verdichtete. Hier wurde gelebt, gearbeitet, gelitten, vielleicht geliebt. Die Stoffe erzählen von Händen, die etwas erschaffen wollten. Die Schatten, die sie werfen, sind keine bloßen Lichtspiele – sie sind Spuren von Tagen, von Hitze, von Intimität. Manuel – ernst, nicht posierend, sondern anwesend. Als säße er dort seit Stunden. Oder Sekunden. Als wollte er etwas sagen – und habe sich dann dagegen entschieden.

Was hält dieses Bild zusammen?
Der Kontrast: zwischen Innen und Außen, zwischen Textur und Haut. Die Komposition: nicht streng, aber durchdacht.

Text, den ich damals dazu geschrieben habe:
Das Porträt, das Abbild eines Menschen, hat im Abendland seit dem 4. Jahrhundert v. C. Tradition.
Mit der Erfindung der Photographie entstand die Auffassung, es gäbe ein Mittel zur exakten
Abbildung der Realität. Photographien vermitteln zwar wesentlich eindringlicher als Texte es
können, einen Eindruck von einer Zeit, einer Welt und von Ereignissen, die von dem ursprünglichen
Ort und seiner Zeit abgelöst sind. Wenn wir jedoch diese Bilder mit der Realität vergleichen,
stellen wir fest, dass das eine mit dem anderen nur bedingt zu tun hat. Und doch sind es
die Photographien, die wie kein anderes bildnerisches Medium die Kultur und Sozialgeschichte
unserer Gesellschaft reflektieren. Photographien sind materialisierte Außenweltwahrnehmungen.
Unser Weltbild, unsere Sicht der Wirklichkeit, ist in einem beträchtlichen Maße das Ergebnis
photographisch vermittelter Sekundärerfahrung. Sehen heißt auswählen, wir nehmen nur das
wahr, was wir betrachten und so wie wir unsere äußere Welt wahrnehmen, wird unser Erleben
insgesamt bestimmt. Diese Annahme hat ihre geistige Grundlage in der Philosophie eines David
Hume (1711-1776). Für ihn waren die Eindrücke, die der Mensch von der Außenwelt empfängt, die
Grundlage aller menschlichen Erkenntnisse. Wir sind in unserem alltäglichen Leben ständig mit
Bildern/Photographien konfrontiert, wir leben mit und in Bildern, sogenannte Portraits von Menschen
finden sich überall. Die Photographie ist zu einem Medium geworden, das vollkommen frei
und undisziplinierter gebraucht wird. Bei keinem anderen Medium ist das vergleichbar der Fall.

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