Es gibt Verluste, die kein Grabstein nennt.
Sie zeigen sich nicht in Todesanzeigen, sondern im Schweigen, das bleibt.
Es gibt Menschen, die uns einst nahe waren – so nahe, dass wir glaubten, sie würden uns nie aus dem Herzen verlieren.
Und dann: Stille. Ein Schweigen, das nicht nach Versöhnung klingt, sondern nach Abbruch. Unterschwellig, leise, entschieden. Du versuchst, es dir zu erklären. Suchst nach Fehlern, nach einem Grund. Doch je mehr du fragst, desto größer wird die Leerstelle. Und irgendwann verstehst du: Die Entscheidung wurde längst getroffen – ohne dich.

Manchmal geschieht das nicht aus einem einzigen Grund. Nicht plötzlich, nicht sichtbar, nicht laut. Sondern allmählich.

Eine Beziehung verändert sich. Nicht, weil man sich entliebt hat, sondern weil jemand Drittes beginnt, daran zu rühren. Andere Stimmen mischen sich ein – mit Fragen, mit Zweifeln, mit Geschichten, die nicht deine sind, aber plötzlich über dich erzählt werden. Was einmal geteilt war, wird einseitig umgedeutet. Aus Nähe wird Misstrauen, aus Erinnerung wird Verdacht. Und während du noch versuchst, zu verstehen, hat sich die Verbindung schon entladen – wie ein Stromkreis, der leise unterbrochen wurde.

Und ich stehe da, nicht als Opfer, sondern als Zeugin eines Abschieds. Ohne Erklärung, ohne Gesten, ohne Ende. Nur das Wissen: Es ist vorbei – und niemand hat es gesagt.

Ich habe begonnen zu schreiben, nicht um zu klagen, sondern um mich selbst wiederzufinden. Weil da plötzlich etwas aufhörte, mich zu meinen. Und ich hatte seither den Eindruck, an meinem eigenen Bild zu zweifeln. Ich verliere nicht nur eine Beziehung. Ich verliere das Gefühl, eindeutig zu sein.

Was bleibt, ist ein fragendes ICH – das tastet, zweifelt, sich neu zusammensetzen muss, mit Händen, die müde sind und doch schreiben. Mit jedem Satz ein tastender Schritt zurück zu mir. In jeder Zeile ein leiser Widerspruch gegen das Verschwinden.

Mein Stift weiß noch, wer ich bin. Auch wenn er manchmal stockt – er bleibt bei mir. Meine Worte erinnern mich – an mein Dasein, mein Fühlen, mein Sehnen. Sie legen Spuren aus, wenn ich mich verliere. Ich schreibe. Weil ich atme, wenn ich Sätze bilde.

Schreiben heißt: nicht verschwinden.
Nicht verbittern.
Nicht verstummen.

Schreiben heißt auch:
mich halten,
mich hören,
mich bezeugen.

Ich weiß nicht, wann genau ich aufgehört habe, zu hoffen. Vielleicht war es kein einzelner Moment, sondern ein allmähliches Verstummen – wie das Aufwachen aus einem Traum, an den man sich nicht mehr erinnern kann. Ich bin nicht zornig. Auch nicht versöhnt. Ich bin einfach jemand, der noch da ist – mit offenen Händen und einem Stift.

Ich schreibe, weil ich den Faden nicht durchtrennen will.
Auch wenn er nur noch auf meiner Seite gespannt ist.
Vielleicht liest niemand diese Worte. Vielleicht lesen sie viele.
Aber ich schreibe nicht für die Antwort.

Ich schreibe, um zu fühlen, dass ich noch da bin.

 

 

Was hilft Dir, wenn Dich jemand verlässt – nicht durch den Tod, sondern durch Entscheidung?

logo

Melden Sie sich hier zu meinem Newsletter an und bleiben Sie informiert.

You have Successfully Subscribed!