Ein anderer Rhythmus
Während ich in den letzten Monaten fast ausschließlich an meiner Autobiografie gearbeitet habe – schreiben, überarbeiten, gestalten, war die heutige Archivarbeit ein ganz anderer Rhythmus. Das Buchmanuskript ist fertig, es will nun in Form gebracht werden, mit Gestaltung, Satz und der Auswahl der Fotografien, die hineingehören. Dafür brauche ich Ruhe und Zeit. Und es war gut, heute etwas anderes zu tun: im Archiv zu arbeiten, Blätter anzulegen, Negative zu ordnen, zu sortieren.
2020 habe ich mein großes Archiv geöffnet – und vieles „herausgerupft“, um meine Retrospektive und das Buch knappe70 vorzubereiten. Es war notwendig. Die Negative befinden sich in Kisten und dort in Hängemappen, provisorisch, ohne feste Ordnung. Heute nun hatte ich die Idee, diese Spuren neu zusammenzuführen. Ich sortiere die Negative nach Jahren, lege Infoblätter an und ergänze, wo möglich, kleine Kurzbiografien zu den Menschen, die ich auf den Kontaktbögen erkenne. So werden aus anonymen Gesichtern wieder erinnerte Personen, und aus Material entsteht Geschichte.
Es fühlt sich an, als würde ich allmählich einen Faden aufnehmen, der 2020 unterbrochen wurde. Aus dem „Gerupften“ wächst etwas Neues: ein Werkverzeichnis, das nicht nur meine Fotografien sichtbar macht, sondern auch die Kontexte, die Begegnungen, die dahinterstehen. Die Arbeit heute war anders – und sie hat mir gutgetan. Vielleicht, weil Ordnen auch eine Form des Atmens ist.