Hier zu schreiben ist für mich auch eine Art Journaling.
Heute erkannte ich ein Problem, mit dem ich mich schreibend beschäftigt habe und das ist dabei entstanden:

Viele Jahre lang hatte ich einen festen Tagesablauf, geprägt durch die Arbeit in meinem Fotostudio auf der Birkenstraße und meine beiden Hunde. Mit dieser  Struktur durch die Anforderungen von Außen kam ich gut zurecht. Doch nach und nach sind diese Fixpunkte weggefallen, und heute habe ich das Gefühl, dass ich meinen Alltag nicht mehr im Griff habe und fühle mich zeitweise wie ein Pingpongball, der durch die Stunden des Tages geworfen wird. Fehlt mir eine feste Struktur?

Der Eingang zu meinem ersten Studio auf der Birkenstraße 45.

Ich lese oft, dass die heutige Gesellschaft Flexibilität und Multitasking fördert. Ständig wechselnde Anforderungen und die ständige Erreichbarkeit durch digitale Medien können dazu führen, dass ein strukturierter Alltag als überholt und unpraktisch angesehen wird.

Sehe ich Struktur als etwas Unpraktisches an?

Zugegebenermaßen, ich genoss es, nicht mehr bei jedem Wetter mit meinen Hunden hinausgehen zu müssen. Auch, dass ich keine Verantwortung mehr für zwei Lebewesen habe, finde ich entspannend, obwohl ich es wirklich geliebt habe, Zeit mit meinen beiden Hunden zu verbringen. Meine Zeit frei einteilen zu können, ohne Rücksicht auf irgendwas zu nehmen, ist ein Luxus, den ich mir verdient habe. Auch meine Fernsehserien anzusehen, wann ich es will, genieße ich. Abgesehen von meinen gesundheitlichen Einschränkungen finde ich mein Leben vollkommen in Ordnung.

Inzwischen bin ich 74 Jahre alt, das heißt, ich habe etwas erreicht, das sich Rentenalter nennt und bedeutet, ich muss nicht mehr das Arbeitspensum erbringen wie in den letzten Jahren. Sicher gibt es Menschen, die glücklich darüber sind, wenn sie das, was sie beruflich ihr Leben lang gemacht haben, aufgeben können, wenn sie Anfang 60 sind. Sie tun dann das, wozu sie sonst keine Zeit hatten. Das ist nicht meine Situation. Ich mache einen Podcast, habe Fotoprojekte und bisweilen auch Aufträge. Ich beschäftige mich aktuell mit dem Thema KI in der Fotografie, habe mir eine Drohne, ein wirklich nettes Spielzeug, gekauft und schreibe Beiträge in meinem Blog und bin bei Instagram aktiv. Manchmal ist der Freitagnachmittag Crêpe-Nachmittag mit meinen Enkelkindern, und sonntags kommt regelmäßig meine Schwester zu Besuch. Ich tue das, was ich wirklich tun will und liebe. Ich besuchte in diesem Jahr einen Fotobuch-Workshop und vor einem Jahr entdeckte ich das Sujet Stillleben für mich und genoss es, direkt nach dem Aufstehen in mein Studio, das inzwischen in meiner Wohnung war, zu gehen und Fotos zu machen.

Dieses Jahr setzte ich mich selbst unter Druck, trotz gesundheitlicher Probleme weiter an der Silbergrau-Serie zu arbeiten und das Buch „10 Männer“ fertigzustellen, was ich auch geschafft habe.  Ansonsten entschied ich mich recht spontan zu dem, was ich tun wollte.
Dieses Lustprinzip habe ich genossen, aber inzwischen haben sich einige Aufgaben angesammelt, die ich erledigen müsste, aber keine Lust dazu habe. Selbst das Überweisen von Rechnungen wird zur Herausforderung, die ich immer wieder verschiebe, obwohl Online-Banking so einfach ist. Ich habe mich auch immer weniger bewegt, was mir allmählich bewusst wird und Folgen hat. Es gab gesundheitliche Probleme und andere Gründe, es nicht zu tun, was nicht gut ist. So bin ich zweimal in meiner Wohnung hingefallen, was Blutergüssen im rechten Arm und im linken Bein brachte.

Mir fehlt eine wirkliche Tagesstruktur.

Wegen gesundheitlicher Probleme, zu denen kürzlich ein schmerzhafter Hexenschuss kam, habe ich auf Empfehlung meiner Tochter einen Embodiment-Kurs bei einer traumasensiblen Coachin gebucht. Da ich keinen Platz für den verordneten Rehasport fand, hielt ich das für eine gute Entscheidung und bin immer noch davon überzeugt, dass es richtig war. Embodiment beschäftigt sich unter anderem mit dem Nervensystem und hilft, durch achtsamkeitsbasierte Verfahren Stress abzubauen, im Hier und Jetzt anzukommen, sich von innen zu stärken und neuen Lebensmut zu finden. Mir war nicht bewusst, dass ich genau das brauchte. Wir verlassen unseren Körper, wenn wir gestresst, belastet oder durch äußere Trigger beeinflusst sind. Wir schleppen uns durch den Tag, vergessen aber unseren Körper dabei. Embodiment ist nicht vergleichbar mit Fitness – es geht nicht um Trainingsziele oder Kalorien. Es geht um das Gegenteil.

Das Erste, was passierte, war, dass ein zwar unsichtbarer, aber vorhandener Druck verschwand und ich mich auf eine bisher unbekannte Weise entspannte. Dann erkannte ich, dass ich emotional erschöpft bin. Warum das so war, kann ich auch erklären: Ich habe so manche Ereignisse der letzten fünf Jahre nicht wirklich verarbeitet. Da war der Fahrradunfall vor zwei Jahren, seitdem traue ich mich nicht mehr aufs Rad, was fehlende Bewegung zur Folge hat. Dann die Krebserkrankung vor fünf Jahren, die mir das Vertrauen in meinen Körper nahm. Der Verlust meines Studios, weil der Mietvertrag nicht verlängert wurde und das Ladenlokal seitdem leer steht – war traumatisierend für mich und verstehen tue ich es weiterhin nicht. Meine beiden Hunde, die mich 18 Jahre lang begleitet haben, sind gestorben, und es wurde notwendig, sich für den Erhalt der Demokratie in unserem Land einzusetzen, um nur einige belastende Themen zu nennen und meine schwindende Gesundheit nicht zu vergessen. Es gibt also viele Gründe für eine emotionale Erschöpfung.

Das ist das eine, das auch meine Verhaltensweisen genau erklärt, ich meine die, die mir nicht mehr gefallen. Und zusätzlich wird mir klar, dass mein Tag eine Struktur braucht. Das könnte hilfreich sein, oder? Ich setze mich also hin und recherchiere und was ich da lese, ist interessant.

Ein KI generiertes Bild einer Frau

Promtographyn

 

In unserer modernen, schnelllebigen Welt kann es schwierig sein, einen strukturierten Alltag aufrechtzuerhalten, obwohl ein gut strukturierter Alltag nicht nur Effizienz und Produktivität steigert, sondern auch das psychische Wohlbefinden fördert.
Doch was passiert, wenn die bloße Vorstellung eines geregelten Tagesablaufs Angst auslöst?
Warum fällt es mir schwer, Entscheidungen zu treffen und Routine zu akzeptieren, obwohl ich gleichzeitig weiß, dass ich dazu in der Lage bin?
Ich lese, dass diese Verwirrung auf verschiedene psychologische und gesellschaftliche Faktoren zurückgeführt werden kann. Die Angst vor regelmäßigen Terminen und Routinen kann tief in der menschlichen Psyche verankert sein. Eine der Hauptursachen dafür ist die Angst vor dem Verlust der Freiheit. Routine kann als einschränkend und monoton empfunden werden, was zu einer inneren Abwehrhaltung führt.

Mit dieser „inneren Abwehrhaltung“ habe ich im Moment meine Schwierigkeiten, denn genau die spüre ich, seitdem ich nun doch einen Platz für den verordneten Rehasport bekommen habe.

Promtographyn

 

Menschen, die stark auf ihre Unabhängigkeit und Spontaneität Wert legen, so wie ich, können das Gefühl haben, dass feste Strukturen und regelmäßige Termine ihre Freiheit beschneiden. Ein weiterer Grund für die Ablehnung von Routine kann die Angst vor Versagen sein. Wenn man sich an einen strikten Plan hält, erhöht sich der Druck, diesen auch erfolgreich umzusetzen. Diese Angst kann lähmend wirken und dazu führen, dass Entscheidungen und feste Verpflichtungen vermieden werden. Um mit diesen Herausforderungen umzugehen, ist es wichtig, einen individuellen Ansatz zu finden, der auf die eigenen Bedürfnisse und Ängste zugeschnitten ist.

Promtographyn

OK, das klingt überzeugend.

  • Kleine Schritte: Anstatt sofort einen strikten Tagesplan zu erstellen, kann es hilfreich sein, mit kleinen, überschaubaren Aufgaben zu beginnen. Dies reduziert den Druck und hilft, schrittweise eine Routine zu entwickeln.
  • Selbstreflexion: Sich Zeit zu nehmen, um die eigenen Ängste und Bedenken zu reflektieren, kann Klarheit schaffen. Journaling kann helfen, die Ursachen der Angst zu identifizieren und zu verstehen und spezifische Situationen, die Angst auslösen, und die zugrunde liegenden Ursachen zu analysieren.
  • Flexibilität einplanen: Ein strukturierter Alltag bedeutet nicht, dass jeder Moment des Tages verplant sein muss. Es ist wichtig, sich selbst Raum für spontane Entscheidungen und Aktivitäten zu lassen.
Maßnahmen:
  • tägliches Aufstehen zur gleichen Zeit
  • regelmäßige Essenszeiten
  • eine feste Abendroutine
  • Prioritäten setzen und auf wesentliche Entscheidungen konzentrieren
  • regelmäßige Bewegung in den Alltag integrieren
  • kurzfristige und langfristige Ziele setzen. Dies können berufliche Ziele, persönliche Entwicklung oder kreative Projekte sein.
Das liest sich alles recht gut und ich habe den festen Willen, etwas zu ändern. Seit einigen Wochen bekomme ich ein neues Medikament für meinen Diabetes2. Diese Krankheit war wohl für mich die größte emotionale Belastung der letzten fünf Jahre. Seit der Krebsdiagnose sind mir die Werte vollkommen entglitten und ich musste Insulin spritzen und nahm immer weiter an Gewicht zu, ohne dass sich die Werte normalisierten. Egal, was ich tat, es wurde nicht besser. Seit diesem neuen Medikament habe ich inzwischen 11 Kg abgenommen und spritze kein Insulin mehr und meine Werte sind ziemlich harmonisch. Ich könne jubilieren.
Wenn ich das jetzt noch mit der regelmäßigen Bewegung hinbekomme …

 

Nachtrag:
Diese Erkenntnisse haben mir eine spannende Nacht bereitet und ich werde heute weiter an den Erkenntnissen herumdenken.

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