
Zum ersten Mal steht sie damit sichtbar in meinem heutigen Leben. Nicht mehr nur in der Erinnerung – sondern vor mir. Jeden Tag. Ein Lächeln, das nicht weicht. Ich liebe dieses Bild. Weil es zeigt, wer sie war. Weil ihre Kraft darin leuchtet, ihr Blick, ihr Mut. Meine Mutter wurde am 10. Juli 1913 geboren. Sie verlor zwei Männer: Den ersten – den Vater meiner Schwester – im Krieg. Den zweiten – meinen Vater – am 24. Dezember 1967, nur ein Jahr nach seinem Eintritt in die Rente.
Und sie blieb. Mit allem, was war. Mit Fürsorge, Verantwortung, Stärke. Sie war keine laute Frau. Aber eine beständige. Ich schreibe diesen Text nicht, weil ich sie idealisieren will. Sondern weil ich gelernt habe, sie zu würdigen. Nicht nur als Tochter – sondern als Frau, die auf eine andere Frau blickt. Mit Respekt. Mit einem späten Verstehen. Mit einer Zärtlichkeit, die Raum gefunden hat. Heute, an ihrem Geburtstag, steht dieses Bild wieder vor mir. Und ich sage leise: Ich sehe dich.


Als Schulkind



