Meine Ausstellung Bestandteil sollte in Chemnitz gezeigt werden – also fuhr ich nach Chemnitz und hatte die Ausstellung im Kofferraum. Durch ein großzügiges Sponsering der Stadtsparkasse Chemnitz war das möglich geworden.
Am 31. März hatte ich jedoch einen Unfall und kam ins Klinikum Chemnitz. Ein Schädel-Hirn-Trauma. Eine Muskelprellung, tief, zäh, langsam heilend. Getragen von Schmerzmitteln und Adrenalin konnte ich an der Eröffnung teilnehmen. Trotz allem: Es war ein schöner Abend.

Am nächsten Tag habe ich mich früher als geplant auf den Weg nach Düsseldorf gemacht. Von da an war das Bett mein einziger Ort.
Trotz Schmerzmitteln konnte ich wochenlang nicht sitzen. Nicht stehen. Kaum gehen. Dann hatte ich schlimme Koliken und kam wieder ins Krankenhaus. Es bestand die Möglichkeit eines Karzinoms, da ich vor 5 Jahren schon mal ein Adenokarzinom hatte. Ich habe die Angst gespürt, die sich wie ein kalter Nebel durch meinen Körper zog. Doch dann: Entwarnung. Keine bösartige Diagnose.
Und doch war da etwas in mir, das nicht einfach „aufatmen“ konnte. Es war, als hätte mein Körper mir eine Nachricht geschickt, die bisher nicht zu Ende erzählt war. Wieder zu Hause – und immer noch nur das Bett. Es wurde zum Kokon. Nicht freiwillig gewählt. Aber notwendig geworden.

Die Erinnerung an Schmerz beim Aufstehen, beim Essen, beim Gehen – sie sitzt nicht nur in den Muskeln, sondern im Nervensystem, in den Gedanken, in der Stille nach dem Aufwachen. Es war, als hätte der Körper ein Alarmsystem installiert, das jede kleine Bewegung mit der Frage begleitete: „Wird es wieder wehtun?“
Ich habe gelernt, dass Heilung nicht linear ist. Dass Rückschritte dazugehören. Dass Tränen auch Teil des Prozesses sind. Dass Mut manchmal nur ein Atemzug ist – nicht mehr.

Seit einigen Tagen spüre ich: etwas in mir beginnt sich zu bewegen. Nicht kraftvoll, nicht zielgerichtet – sondern tastend, wie ein Kind, das das Laufen neu lernt.

Aber der Alltag …
Er ruft nicht.
Er schreit.
Und ich antworte:

„Noch nicht.“

Ich merke, wie schwer es ist, in einen Rhythmus zurückzufinden, der für die frühere Beate geschrieben war – für die funktionierende, organisierende, durchhaltende. Doch ich bin eine andere geworden. Eine weichere vielleicht. Eine Vorsichtige. Eine, die genauer hinsieht.
Gab es inmitten all dessen etwas, das mich gehalten hat? Ja: der tiefe Wunsch, noch einmal etwas zu sagen, bevor es vielleicht zu spät ist. Ein familiäres Thema, das mich seit Jahren beschäftigt, trat besonders schmerzhaft an mich heran.
Ich schreibe das hier nicht, um Mitleid zu erwecken. Ich schreibe, weil ich glaube, dass wir mehr von diesen Geschichten brauchen:
von Brüchen.Von Angst.Von der Langsamkeit des Wiederkommens.
Noch bin ich nicht „zurück“.
Noch liege ich viel.
Noch taste ich nach Worten.
Aber ich schreibe wieder.
Ich denke wieder.
Ich atme tiefer.

Etwas in mir beginnt, die Flügel zu strecken. Nicht, um sofort zu fliegen – sondern um sich erst einmal an den Raum zu gewöhnen, der noch wachsen darf, damit ich wieder ganz werde.
Ich spüre, dass all das nicht nur Rückzug war, sondern auch eine Einladung. Eine Einladung, in meinem Leben etwas zu verändern.
Langsamer zu sein. Aufmerksamer. Vielleicht auch: radikaler in der Fürsorge für mich selbst.

Ich sehe diese Wochen nicht nur als Krise, sondern auch als Chance. Etwas in mir möchte in Zukunft anders handeln, anders leben, anders mit mir sprechen. Noch weiß ich nicht genau, wie das aussehen wird – aber ich habe begonnen, anders zu hören, was mein Inneres mir sagt.

In dieser Zeit habe ich auch Fragebögen ausgefüllt, die sich mit Neurodivergenz beschäftigten. Eine leise, fast unerwartete Erkenntnis wuchs daraus: Manches in mir ist nicht falsch – nur anders verdrahtet.
Und dieses „anders“ hat mir – zum ersten Mal – eine innere Ruhe geschenkt, die ich bisher nicht kannte.

Die hier gezeigten Fotos sind mir von freundlichen Besuchern der Vernissage zugeschickt worden. Das ist einmal Lars Neumann, aus Dresden & Alexander Hesse aus Oldenburg.

Vielleicht ist auch das ein Teil der Heilung: Nicht nur der Körper darf gesunden, sondern auch das Bild, das ich von mir selbst habe.

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