Brüssel, Friedensdemonstration, Mitte der 1980er-Jahre
Eine ältere Frau spricht. Sie ist keine berühmte Rednerin auf der Bühne, sondern eine Demonstrantin inmitten der Menge – und doch ist sie der Mittelpunkt. Sie zeigt mit dem Finger, nicht aus Wut, sondern aus Erfahrung. Ihre Haltung ist aufrecht, fast trotzig.
Ihr Haar ist grau geworden, ihr Gesicht gezeichnet, doch sie steht aufrecht. Sie weiß, was Leben bedeutet – nicht nur ihr eigenes, sondern das aller. Auf ihrer Brust ein Transparent. Auf ihrem Mantel ein Button:
„Better active today than radioactive tomorrow.“ – ein Spruch, der nicht rhetorisch funktioniert, sondern über die Präsenz dieser Frau verkörpert wird. Sie ist das Gegenargument zur Resignation. Und zugleich: ein stilles Zeugnis dafür, dass Friedensarbeit auch weiblich, körperlich und unbequem ist.
Sie braucht kein Megafon. Ihre Haltung spricht. Nicht laut, nicht gefällig. Aber eindeutig.
Eine von vielen – und doch eine, die bleibt.

Formale Beobachtungen
Die Komposition zieht den Blick direkt ins Zentrum: Gesicht, Geste, Text – ein Dreieck der Aussage. Die Unschärfen am Rand verdichten das Geschehen zur Mitte.
Der dunkle Ärmel im Vordergrund erzeugt Tiefe und zugleich eine Art Barrikade – als würde sich das Bild gegen das Vergessen wehren.
Die Hand, der Finger, das Wort – alles richtet sich nach vorn. Kein Rückblick. Keine Nostalgie.