Ein Rückblick auf zwei Tage zwischen Absturz und Selbstverständnis
Gestern war einer dieser Tage, die sich langsam verdunkeln. Kein Knall, kein Drama – nur ein zäher, unterschwelliger Schmerz, der sich ausbreitete, ohne dass ich sofort verstand, woher. Ich hatte Informationen erhalten. Nichts Schlimmes, objektiv betrachtet. Und doch spürte ich, wie sich in mir etwas verschob. Wie sich eine alte Wunde öffnete – nicht laut, aber nachhaltig.
Ich habe es nicht gleich erkannt. Ich verpasste eine Embodiment-Session, weil Technik fehlte – und merkte erst später, dass mein Unwohlsein nicht an Kabeln oder Lautsprechern lag, sondern an etwas viel Tieferem.
Ich versuchte, Ordnung zu schaffen. Wollte Seiten layouten, Wäsche zusammenlegen, Strukturen bauen. Aber es gelang mir kaum.
Ich war müde, fahrig, überwältigt.
Als mir der Zusammenhang langsam bewusst wurde, habe ich mich hingesetzt und geatmet. Dann geduscht, mich angezogen, bin einkaufen gefahren – nicht flüchtend, sondern sammelnd. Zuvor habe ich Altpapier entsorgt. Später konnte ich noch Wäsche zusammenlegen und wegräumen. Alltag eben.
Heute Morgen habe ich mir seit Langem mal wieder ein Frühstück gemacht, bevor ich mich an den Rechner setzte, um die Änderungen, die ich gestern beim Durchlesen des Textes gemacht hatte, einzuarbeiten. Der Drucker hat leider keine Tinte. Ich könnte losfahren, um welche zu kaufen. Ich könnte auch warten, bis die bestellte geliefert wird. Aber das war nicht das eigentliche Thema. Denn da war dieses Gefühl. Diese Dunkelheit, die sich wieder ausbreitete, tief im Innern – nicht diffus, sondern vertraut.
Und dann erkannte ich, was mich gestern so tief getroffen hatte: Nicht die äußeren Dinge. Sondern das, was sie in mir angestoßen hatten.
Alte Muster. Alte Schmerzen.
Ich sah es mir an.
Ließ es zu.
Und irgendwann tauchte er in mir auf, wie ein ruhiger Stein im aufgewühlten Wasser:
„Ich bin nicht die Dunkelheit – ich bin die, die sie sieht.“
Ein Satz, der mir Halt gab. Nicht als Lösung – sondern als Verortung.
Ich bin nicht das, was mich verletzt.
Ich bin die, die es erkennt.
Ich bin nicht das, was fehlt.
Ich bin die, die weitergeht.
Und dann musste ich kräftig niesen.
Seit Jahren ist das für mich ein stilles Zeichen: Zustimmung. Ein körperliches Ja zu etwas, das seelisch längst im Raum steht. Vielleicht war es mein System, das sagte:
„Ja. Ich habe mich selbst wiedergefunden.“
„Ja. Ich darf traurig sein – und gleichzeitig klar.“
„Ja. Ich bin nicht die Dunkelheit.“
Zwei Tage – ein Bogen.
Gestern der Schmerz, der sich nicht benennen ließ. Heute das Verstehen, das nicht sofort heilt – aber mir den Boden zurückgibt.
Ich muss nichts beweisen.
Ich darf schwanken.
Ich darf mich versorgen.
Ich darf hinschauen, ohne mich im Schmerz zu verlieren.