Schwarzweiß – Sozialisation. Entscheidung. Signatur.
Material, Haltbarkeit, Handwerk – und die Sprache dazu: Schwarzweiß.
Ich bin in Schwarzweiß sozialisiert. In den Redaktionen meiner Anfangsjahre war Schwarzweiß Produktionsnorm. Die großen Fotobücher meiner frühen Jahre waren überwiegend schwarzweiß; Ausstellungen zeigten Fotografien, deren Kraft aus Licht und Schatten kam, nicht aus Farbe.
Ich lernte, wie Schatten und Lichter in einer Fotografie funktionieren und wie ich es im Labor hinbekomme, dass die Schatten nicht absaufen und die Lichter nicht ausbrennen; wie eine Komposition trägt, wenn der schnelle Reiz – Farbe – fehlt.
Schwarzweiß ist keine Nostalgie, sondern berufliche Realität – die Matrix, in der ich sehen gelernt habe. In Schwarzweiß zählt das Verhältnis von Licht zu Dunkel.
Labor, Fixierergeruch – die Schule der Genauigkeit. Kontaktbogen, Lupe, Stift: Entscheidung darüber, welche Aufnahme zu einer Vergrößerung wird.
Schwarzweiß ist für mich eine Ethik des Blicks. Es entzieht dem Sensationellen die grelle Bühne, verlangsamt und macht Entscheidungen sichtbar. Es zwingt zur Präzision: Tonwerte statt Töne, Gewichtung statt Gefälligkeit. So entstehen Fotografien, die nicht verführen müssen, um zu bleiben.
Als ich mein Portraitstudio eröffnete, habe ich diese Prägung bewusst zur Entscheidung gemacht: Portraits in Schwarzweiß als klare Setzung – nicht gegen Farbe, sondern für Klarheit. Farbe arbeitet oft lauter als das Motiv; sie kann tragen, aber auch übertönen. Schwarzweiß nimmt der Welt nicht die Fülle, es nimmt nur die schnelle Verlockung. Es lässt das Motiv sprechen, nicht seine Verpackung.
Farbe bringt immer auch ihre eigenen Geschichten mit – Mode, Zeitgeist, Konsum. Das Grau schweigt darüber und legt frei, was mich interessiert: Haltung, Geste, Beziehung.
Material war für mich immer mehr als Mittel zum Zweck. Der analoge Prozess – Negative, Kontaktbögen, Baryt – hat meine Art zu sehen geprägt: Wässern mit Geduld, Trocknen mit Sorgfalt, Auch digital denke ich in Tonwerten. Ich frage nach dem Gewicht eines Schattens, nicht nach dem Blau des Himmels.
Das ist mein Weg: das Wesentliche nicht erklären, sondern sichtbar machen. In Grautönen liegen für mich Würde, Schönheit, Präsenz – und die Zeitlosigkeit, die ein Archiv braucht.
Klarheit erlaubt Risiko: Jetzt das Experiment.