Rezidivierende Depression

Diese ist mir vor vielen Jahren, nach einem Zusammenbruch und einer langen Therapie, attestiert worden. Im Laufe der vergangenen 15 Jahre habe ich gelernt damit zu leben und komme immer besser klar damit, weil ich immer zeitnäher erkenne, wenn es wieder soweit ist und eine Episode sich ankündigt.

Seit dem Zeitpunkt, an dem ich beschlossen haben es gibt das Projekt knappe70, ist diese Störung präsenter den je. Ich kann nicht wirklich erklären warum das so ist, nur darüber spekulieren. Auf jeden Fall wurden die depressiven Episoden in den vergangenen Monaten immer häufiger und die Abstände dazwischen immer geringer.

In der Folge # 7, des Podcast ZwaF, hat mich Gabi zu meinem Projekt knappe70 befragt und ich spreche darüber, wie es mir damit ergangen ist, eben auch unter dem Einfluss der rezidivierenden Depression.

#7

von Beate Knappe | Zwei weisse alte Frauen

Ich habe eine depressive Störung.

Wenn aktuell Belastungen auftreten, verstärkt sie sich. Da war z.B. meine Krebserkrankung, vor einem Jahr. Ich habe darüber in dem Podcast Adenokarzinom gesprochen.
Eine Krebsdiagnose, egal wie die Erkrankung verläuft, stellt eine exzistentielle Bedrohung dar, die sicher von Menschen unterschiedlich verarbeitet wird. Auf jeden Fall befeuert sie eine vorhandene rezidivierende Depression.
In diesem Jahr, 2020, war es der plötzliche Tod von Negrita, meiner Hündin, mit der ich fast 16 Jahre zusammengelebt habe und der Verlust meines Studios, das ich 10 Jahre lang in Düsseldorf-Flingern hatte.

Solche Ereignisse lösen eine Achterbahnfahrt der Gefühle aus und das Leben geht weiter.

Eine depressive Episode kann plötzlich, innerhalb weniger Tage auftreten oder sich über Wochen entwickeln und dauert in der Regel mehrere Wochen bis Monate an. Im Unterschied zu einer chronischen Depression zeichnet sich eine rezidivierende depressive Störung durch den Wechsel von akuten Krankheitsphasen, sogenannten depressiven Episoden, mit weitgehend beschwerdefreien Phasen aus. Psychiater grenzen eine rezidivierende depressive Störung auch von einer sogenannten bipolaren Störung ab: Bei dieser treten ebenfalls wiederholt depressive Phasen auf, diese wechseln sich jedoch mit euphorischen Stimmungszuständen ab.

In einem Umfeld von Kollegen, mit denen ich zusammen an einem Projekt arbeiten wollte, habe ich auf meine Erkrankung hingewiesen und dass sie die Zusammenarbeit mit mir schwierg machen könnte. Die Reaktionen auf meine Offenheit haben mich jedoch aus den Socken gehauen, ob ihrer Inhumanität.
Ich hatte geschrieben:

Ich bin als Mensch sicher schwierig

Und ich habe darauf diese Antwort erhalten:

Ja, und vielleicht gehört es noch zu Deinen Aufgaben in diesem Leben, nicht-schwierig, sondern entspannt, konstruktiv, professionell und freundlich zu werden. 

Ich hatte geschrieben:

Ich bin davon ausgegangen, dass es möglich ist, sich über diese Krankheit und ihre Auswirkungen zu informieren, denn ich habe nie eine Geheimnis daraus gemacht, das ich krank bin.
Und ich habe diese Antwort bekommen

Diese Erwartung ist falsch. Wenn man mit einem Profi ein Projekt plant oder ein Geschäft macht, möchte man sich nicht über dessen Krankheiten und Probleme auseinander setzen, sondern man möchte das Gefühl entwickeln, dass man zusammen ein cooles Projekt gestalten kann und einen souveränen Partner dafür gewonnen hat. 

Es ging nicht um ein GESCHÄFT, sondern um ein “cooles” Projekt.
Meine Kunden haben niemals durch meine Krankheit Nachteile erfahren. Wenn das der Fall gewesen wäre, hätte ich niemals 10 Jahre lang ein Portraitstudio gehabt.
Es war so, dass ich in einer depressiven Phase manchmal sehr gut arbeiten konnte, da es mich abgelenkt hat. Diese Art des Umgangs mit der depressiven Phase hat mich jedoch unendlich viel Kraft gekostet und sehr erschöpft. Wenn es garnicht ging, habe ich auch keinen Kundenkontakt gehabt.
Doch Kollegen gegenüber, so dachte ich, könne ich darüber offen sprechen und auf Verständniss hoffen. Was für eine Enttäuschng zu erleben, dass es so nicht funktioniert. Es war für mich immer wieder anstrengend und auch demütigend, es wieder ansprechen und erklären zu müssen.
Es wäre ähnlich, wenn ein Mensch, der aufgrund einer Behinderung, im Rollstuhl sitzt, immer wieder erkären müsste, dass er einen Aufzug braucht, um ins nächste Stockwerk zu kommen.

Es war Martin Grommel, der auf allen seinen sozialen Plattformen massiv über seine Erkrankung – Depression – spricht und somit ein Bewusstsein für das Thema Depression schaffen will. Er war es letztendlich auch, der mich zu diesem Beitrag veranlasste.

Das ist eine Arbeit von mir, die entstanden ist, als ich eine Depression hatte.
Kreativ sein, ich nennen es “Mit dem Leben Liebe machen”,  hat mir fast immer über eine depressive Episode hinweg geholfen.

Lasst mich noch etwas Aktuelles erzählen und auch sagen, dass ich ziemlich stolz darauf bin, eine gewisse Achtsamkeit mir selber gegenüber entwickelt zu haben. Gerade in den letzten Monaten, in denen ich durch die Depression ziemlich angeschlagen war.

Ich bekam die Nachricht von der Druckerei, dass das Papier endlich eingetroffen wäre und sie mit dem Andruck meines Buchs beginnen könnten. Ich sagte einen anderen Termin ab und wollte mich auf den Weg machen. In dem Moment entdeckte ich die gleichen Symtome, die vor einem Jahr zur Krebsdiagnose geführt hatten. Was tun? Ich rief bei meiner Ärztin an und hätte da sofort vorbei kommen können. Das konnte ich jedoch nicht, weil ich es dann nicht zu Druckerei geschafft hätte.
Der Andruck des Buches war aber außerordenlich wichtig, da das Buch zur Ausstellungseröffnung vorliegen soll/muss. Ich habe mich also auf den Weg zur Druckerei gemacht. Meine Gefühle in diesem Moment waren pure Angst und exzistentielle Bedrohung.
Dank meiner Freisprechanlage im Auto konnte ich mit der Ärztin sprechen und abklären, dass es ausreichen würde, wenn ich am Montag zu ihr in die Praxis komme und das es schlimmer aussehen würde, als es wahrscheinlich ist. Das Gespräch hat die Spitze der Angst ein wenig gekappt.

In der Druckerei erwartet mich nun der erste Ausdruck meines Buches. Ungebunden zwar aber in voller Schönheit Die Happtig des Papiers ist der Wahnsinn und die Größe des Buchs und die Fotos – ich war total überwälltigt.
Ich kann die Welle von Emotionen kaum beschreiben, die mich in diesem Moment zu verschlingen schien. Da lag das Projekt mit dem ich mich seit Monaten beschäftigte. Das viel Arbeit war und viele Erfahrungen bedeutete, lag nun fast fertig auf dem Tisch und ich empfand diese unbeschreibliche Freude.

Auf der Heimfahrt konnte ich wieder, dank der Freisprechanlage, telefonieren. Diesmal mit meiner Tochter, sie ist Hebamme und verfügt über eine hilfreiche Sachkenntnis. Wir sind die verschiedenen Möglichkeiten, die ich im Moment hatte, durchgegangen und auch zu dem Ergebniss gekommen, dass es reichen wird, wenn ich erst am Montag zu meiner Ärztin gehe.

Im Laufe des Nachmittags spürte ich wie langsam die extreme Anspannung nachlies und ich fing an zu gähnen. Nachdem ich mich hingelegt und etwas geschlafen hatte, zitterten meine Knie, als ich wieder aufstand. Mein System reagierte.
Diese emotionale Katastrophe würde in der Regel ausreichen, einen depressiven Schub auszulösen. Das sie es nicht getan hat, liegt wohl an der Achtsamkeit mir gegenüber, die ich in den vergangenen Monaten gelernt habe.

Ich meditiere fast jeden Tag und benutze Aromaöle, deren positive Wirkung mir bekannt ist. Ich schreibe Tagebuch und reflektiere meine Gefühlslagen und dadurch scheinte s so, als wenn mir vieles klar geworden ist.

Z.B., dass es da einen Anteil in mir gibt, der Angst hat, ich würde mich blamieren, durch die Veröffentlcihung des Projektes knappe70, und mir Blockaden schickt, um mich davor zu beschützen. Dieser Schutz war vielleicht früher einmal nötig, doch im Moment eben ist er es nicht mehr. Ich werde mich nicht blamieren.
Ich gewinne fast täglich an Klarheit über Zusammenhänge, die bestimmte Gefühle auslösen. In dem Moment, wo ich diese erkenne, scheine ich das Problem gelöst zu haben – in dem Podcast von ZwaF spreche ich intensv darüber.

Gestern Nachmittag löste sich die extreme Anspannung, ausgelöst durch zwei vollkommen gegensätzlichen Gefühlslagen: Angst und Freude, lamgsam auf.
Am Abend war ich sehr erschöpft, doch auch guter Dinge. Drüber zu sprechen hilft eben auch.

Ich habe beim Aufstehen, heute Morgen, beschlossen, dass der heutige Samstag ein Tag der Selbstführsorge wird und habe mir, nach dem Duschen, eine Feuchtigkeitsmaske ins Gesicht gecremt und Frühstück über einen Lieferservice  geordert und höre klassiche Musik.Und habe dem  Impuls nachgegeben diesen Beitrag zu schreiben um dem Unwissen gegenüber dem Thema Depression entgegenzuwirken, was mir hoffentlich gelungen ist.

Die meiste Zeit bin ich eine sehr kreative Frau, die sich an ihrem Leben erfreut.

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