Ich sehe mir immer wieder die Arbeiten anderer Fotograf:innen an – nicht, um meine eigene Arbeit damit zu vergleichen, sondern um zu erkennen, was gerade Trend ist, was stylish und angesagt. Doch was ich sehe, ist oft eine Einheitsbrei-Suppe. Das, was ich für wesentlich halte – Individualität, eine eigene Handschrift, einen unverwechselbaren Stil – scheint heute kaum noch jemand anzustreben.
Fotografinnen wie Anne Geddes haben neue Maßstäbe gesetzt. Ebenso David Hamilton oder Annie Leibovitz, mit ihrem ikonischen Foto der schwangeren Demi Moore. Sie haben Möglichkeiten aufgezeigt, die heute kaum noch genutzt werden.
Fotografieren heißt für mich: mit Licht malen. Doch genau das vermisse ich – den gezielten Einsatz von Licht und Schatten, die bewusste Gestaltung, das Spiel mit Kontrasten.
Heute dominiert Lightroom – Filter bis zum Überdruss. Kinder werden zur Dekoration in Sets, als ob ihre Persönlichkeit keine Rolle spielte. Das empfinde ich als respektlos. Die heute verehrten „Foto-Götter“ sind längst keine Fotografen mehr, sondern „visuelle Artists“, die mit Ebenen, Masken und Tricks erstaunliche Effekte erzielen.
In der Produktwerbung mag dass seine Berechtigung haben. Doch bei einem Porträt von Menschen sollte es um Persönlichkeit gehen.
Neulich sah ich einen Bericht, wie aus einem technisch schlechten Portrait mit Photoshop ein vermeintlich „gutes“ Portrait entstand – unfassbar!
Viele Jahre habe ich als Fotojournalistin die Realität festgehalten, interpretiert, dokumentiert. Dann kamen Kollegen, die daran kein Interesse hatten und lieber ihre Wunschmotive inszenierten. Das hat mich angeekelt. Lieber Studiofotografie, die ebenfalls „gestellt“ ist – aber mit Inhalten.
Mir geht es um Inhalte in meinen Fotografien, um echte Menschen vor meiner Kamera, nicht um Oberfläche oder Schein. Meine Vorbilder sind grandiose Porträtfotografen wie August Sander oder Richard Avedon, Dunkelkammerkünstler wie Ansel Adams und viele mehr.
Meine Kamera ist nur ein Werkzeug – niemals mehr. Meine Bilder entstehen zuerst in meinem Kopf. Und das wird immer so bleiben.