Es gibt Tage, da denke ich: „Ich hab’s im Griff.“ Ich kenne meine Muster, weiß, wann ich auf mich aufpassen muss, wann die Erschöpfung kein bloßes Müde-sein mehr ist, sondern der leise Vorbote der Dunkelheit. Und dann gibt es Tage wie heute. Tage, an denen mich die Depression wieder einholt, mich im Nacken packt und flüstert: „Na, hast du geglaubt, du wärst mich los?“
Das Heimtückische an einer rezidivierenden Depression ist nicht nur, dass sie wiederkommt – es ist die Art, wie sie es tut. Manchmal schleicht sie sich an, fast unbemerkt. Erst ist da nur eine Antriebslosigkeit, ein Hauch von Sinnlosigkeit, ein diffuses Gefühl von Schwere. Und dann, plötzlich, ist sie da, sitzt mir auf der Brust, nimmt mir die Luft und die Freude an allem, was mich sonst trägt.

- Ich kenne das.
- Ich kenne mich.
- Ich weiß, dass es nicht meine Schuld ist. Aber das Wissen allein reicht nicht immer.
Früher dachte ich, ich müsste gegen die Depression kämpfen. Ich stellte sie mir als Feind vor, den ich besiegen müsste, als etwas, das ich mit genug Willenskraft in die Knie zwingen könnte. Heute weiß ich: Das ist nicht der Weg. Ein Kampf verbraucht Kraft, die ich gerade nicht habe.
Also lehne ich mich zurück – nicht, um aufzugeben, sondern um zu überleben. Ich lasse sie da sein, diese Schwere, aber ich gebe ihr keinen Raum, mich zu verschlingen. Ich erlaube mir, müde zu sein. Ich erlaube mir, nichts zu fühlen. Ich erlaube mir, nicht „funktionieren“ zu müssen.
Ich erinnere mich daran, dass ich schon oft hier war. Und dass ich immer wieder herausgefunden habe.
Da ich schon seit Anfang des Jahres diesen Kampf führe, jeden Tag aufs neue, weiß ich genau, was helfen würde, doch im Moment habe ich diese Kraft nicht. Trotzdem, heute habe ich mich angezogen, was schon eine Leistung war. Und da der neue Papierschredder geliefert wurde, habe ich aussortierte Unterlagen geschreddert, das ging gut. Das war LOSLASSEN!
Dann habe ich das gesamte Altpapier entsorgt – Ordnung geschafft.
Auf diesem Weg konnte ich mir dann etwas zu essen holen – das ist Selbstfürsorge, auch wenn es sich nicht so anfühlt.
Und ansonsten habe ich sie einfach angenommen die Depression, anstatt gegen sie anzukämpfen – das ist Stärke, die sich nach Schwäche anfühlt. Mehr war heute nicht drin, doch das war schon verdammt viel.

Es geht nicht darum, sofort besser zu werden
Ich weiß, dass ich Geduld mit mir haben muss. Dass meine Depression kommt und geht wie eine Jahreszeit, auf die ich keinen Einfluss habe. Aber so wie der Winter nicht ewig bleibt, bleibt auch diese Phase nicht für immer. In der letzten Zeit catcht sie mich leider ziemlich oft. Aber sie wird mich nicht behalten.
Und wenn du das liest und dich darin wiedererkennst: Du bist nicht allein. Wir haben beide schon so viele dunkle Tage überlebt. Wir werden auch diesen überstehen.