analog 1984 

Identitätskrisen sind wie Nebelschwaden, die sich in unseren Gedanken schlängeln, und Selbstzweifel wie Schatten, die uns in den stummen Stunden der Nacht heimsuchen. Es ist, als würden wir auf einem ständig schwankenden Pfad wandern, umgeben von den schillernden Farben unserer eigenen Existenz. Die persönlichen Umbrüche des Lebens formen und zerbrechen uns gleichermaßen, wie die Gischt des Ozeans auf den Felsen prallt und sie formt, bis sie schließlich nachgeben. Tiefe Konflikte aus der Vergangenheit schlummern in den Tiefen unserer Seele, manchmal unbemerkt, manchmal wie ein ständiges Murmeln im Hintergrund. Sie weben sich in unsere Identität, färben sie mit den Farben vergangener Schlachten und ungesagter Worte.

Selbstportrait, analog
Sebstportrait Dortmund 1989

In den Wogen des Lebens fühlte es sich an, als würde ich mich auf hoher See treiben lassen, ohne Anker oder Orientierungspunkt. Vor zwei Jahren, als ich meine Wohnung von Grund auf umgestalten musste, um Platz für mein Foto-Studio zu schaffen, durchlief ich einen ähnlichen Sturm. Die Möbel verschoben, die Wände neu gestaltet, ein Chaos aus Veränderungen, das sich schließlich in einer Oase der Kreativität manifestierte. Als das letzte Stück des Puzzles an seinen Platz fiel und ich vor dem Ergebnis stand, durchflutete mich ein Gefühl der Ankunft.

„Ich bin angekommen“, flüsterte es in mir, als ob ich endlich einen sicheren Hafen gefunden hätte.

Wenn ich auf die letzten Monate zurückblicke, überkommt mich ein Gefühl des Unbehagens. Es ist, als wäre ich aus dem Leben gefallen, ein Blatt, das im Wind der Veränderung verloren geht. Doch in diesem Gefühl des VerlorenSeins lag auch immer eine Ahnung von Hoffnung und in der gegenwärtigen Zeit spüre ich eine andere Melodie, als vor zwei Jahren, eine leise und beharrliche Stimme, die sagt: „Ich komme in meinem Leben an.“ Wie ein Wanderer, der die Konturen eines vertrauten Ortes in der Ferne erblickt, fühle ich mich, als würde ich langsam, aber sicher, meinem Bestimmungsort näherkommen. Denn wie ein Phoenix aus der Asche erhebe ich mich aus den Trümmern meiner Vergangenheit, bereit, meine Flügel auszubreiten und den Aufstieg zu beginnen.

Vielleicht war es notwendig, aus dem Leben zu fallen, um zu erkennen, dass ich die Kraft habe, mich selbst wieder aufzurichten.
Und so setze ich meinen Weg fort, langsam, aber stetig, mit der Gewissheit, dass ich nicht nur ankommen werde, sondern auch in meinem Leben Fuß fassen werde, fester und entschlossener als je zuvor.

Selbstportrait
Selbstportrait - analog

In den Tiefen meiner Selbstreflexion offenbart sich eine weitere Erkenntnis, eine Wahrheit, die lange Zeit im Schatten lag: Ich hatte mich im Mangel eingerichtet. Wie ein unsichtbarer Nebel hatte dieser Mangel mein Leben durchdrungen, sich in den Zwischenräumen meiner Existenz festgesetzt und mich unbemerkt erstarren lassen. Es war nicht nur ein materieller Mangel, der sich breitzumachen schien, ohne erkennbaren Grund, sondern auch ein Mangel an Selbstwertgefühl, an Selbstliebe und an der Überzeugung, dass ich es nicht wert war, nach den Sternen zu greifen.

Selbstportrait, Beate Knappe, Düsseldorf
Selbstportrait Oktober 2023
Jeden Tag lebte ich in dieser Suppe, war gefangen – ohne dass mir dies wirklich bewusst war – in einem endlosen Kreislauf von Bedürfnissen und Sehnsüchten, immer auf der Suche nach etwas, das mir fehlte, ohne zu erkennen, dass die Fülle bereits in mir lag. Ich sah die Welt durch die Linse des Mangels, und so schienen selbst die schönsten Momente von einem Schleier der Unzufriedenheit umhüllt zu sein. Doch nun, da ich diese Erkenntnis gewonnen habe, breche ich aus, breche die Ketten des Mangels und öffne mich für die Fülle, die das Leben mir bietet. Ich erhebe mich über die Begrenzungen meines Denkens, finde den Mut, Dinge zu verwirklichen, und entdecke die unendliche Quelle der Liebe und des Überflusses, die in mir und um mich herum vorhanden ist.
Ich bin nicht länger Gefangener meines Mangels, sondern ein Entdecker der Fülle, ein Schöpfer meines Schicksals und ein Liebender des Lebens in seiner ganzen Pracht. Und während ich meinen Weg voranschreite, trage ich die Erkenntnis in meinem Herzen, dass die größte Fülle nicht im Haben, sondern im Sein liegt.
analog - etwa 1980

In einem Augenblick scheinbar zufälliger Handlungen offenbarte sich mir eine Wahrheit, die mein Innerstes erschütterte: Es war die Fotografie, die mir half, alles zu erkennen. Ein einzelnes Foto, das ich rein zufällig mit meiner neuen Technik digitalisierte, wurde zum Spiegel meiner Seele. Als das Bild auf meinem Bildschirm erschien, durchdrang mich ein Gefühl von, ja wovon?
Erinnerungen?
Fotografien haben die Macht, nicht nur das abgebildete Ereignis, sondern auch Gefühle aus dieser Zeit wieder in Erinnerung zu holen. So erinnerte ich mich daran, wie sich der Körper meines Babys angefühlt hatte, erinnerte mich an glückliche Moment, an Lachen und einen glücklichen Alltag meines Lebens.
Ich erkannte, dass die wahre Fülle nicht im Äußeren liegt, sondern im Inneren, in den Beziehungen, die wir pflegen, und den Momenten, die wir teilen. Und mir wurde bewusst, dass das Leben selbst ein Kunstwerk ist, das darauf wartet, von mir entdeckt zu werden.

Hier kommen jetzt analoge Fotos, die ich aktuell digitalisiert habe, nach dem Zufallsprinzip habe ich in mein Archiv gegriffen. Die Fotos sind ein Dokument von und erinnern mich an mein Leben.

analog

Nun betrachte ich die Welt um mich herum mit neuen Augen. Sehe die Schönheit im Alltäglichen und die Fülle im Hier und Jetzt. Werden weiter mein analoges Archiv digitalisieren, um mich an mein Leben zu erinnern, an all das, was ich erlebt und erlitten habe, gesehen und geliebt habe.  Das wird mir helfen, mich nicht mehr im Mangel zu fühlen und die unendliche Quelle der Liebe und des Überflusses zu entdecken, die in jedem Augenblick auf mich wartet.

Und so halte ich wieder einmal eine Fotografie in meinen Händen, nicht nur als Erinnerung an vergangene Zeiten, sondern als Zeugnis meiner Reise zu mir selbst, meiner Erkenntnis, dass das Leben ein Geschenk ist, das es zu feiern gilt, und die größte Fülle darin liegt, geliebt zu werden und zu lieben.

analog 1984 USA San Francisco
analog 1984 USA San Francisco

Selbstakzeptanz ist eine Oase in der Wüste der Selbstzweifel. Doch oft scheint sie unerreichbar, verschleiert von den Schleiern unserer eigenen Unsicherheiten und Ängste. Doch wenn wir den Mut finden, die Schleier zu lüften, können wir das funkelnde Juwel der Selbstliebe entdecken, das in jedem von uns ruht.
So gehen wir weiter, durch die Täler der Verwirrung und die Gipfel der Erkenntnis, auf der Suche nach einem Gefühl der Verbundenheit mit uns selbst. Denn in dieser Reise der Selbstfindung liegt die Essenz unseres Lebens, ein unendlicher Tanz zwischen Licht und Schatten, Zweifel und Gewissheit, der uns letztendlich zu unserer wahren Identität führt.

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