Ich dachte, sie würde mir stehen
Manchmal stelle ich mir vor, wie ich anders sein könnte – äußerlich, innerlich, insgesamt. Es ist diese spielerische Freiheit, in der Fotografie zu ergründen, wie ich wirken könnte, wenn ich jemand ganz anderer wäre. Heute war so ein Tag. Eine Langhaarperücke, ein Experiment, ein Ergebnis, das mich zum Lachen brachte – und das ist auch gut so.
Ich dachte, sie würde mir stehen. Ein Gedanke, der im ersten Moment Hoffnung birgt. Vielleicht ist es die Vorstellung einer romantischen Wildheit, wie ein Freigeist aus einem Märchenwald. Doch die Realität schlug mir schnell ins Gesicht, oder besser gesagt: ins Bild. Ich sehe aus wie ein Waldschrat. Nicht der weise, mystische Hüter des Waldes, sondern eher die schrullige Tante, die Kinder mit Geschichten von verborgenen Geheimnissen fesselt – und dabei eine gewisse Exzentrik versprüht.
Was mich dabei fasziniert, ist weniger das Bild selbst, sondern das, was es mit mir macht. Es gibt Tage, an denen ich dieses „furchtbare“ Bild vielleicht sogar gelöscht hätte. Zu eigenartig, zu wenig schmeichelhaft. Aber heute? Heute lache ich darüber. Es zeigt eine Version von mir, die mir fremd ist, die ich jedoch mit Humor akzeptiere. Ich sehe nicht aus wie „ich“, und genau das ist okay.
Fotografie ist für mich ein Spielplatz. Sie erlaubt mir, Masken anzulegen, Identitäten zu erkunden, und dabei mit den Erwartungen zu brechen – vor allem mit meinen eigenen. Vielleicht ist das der wahre Wert dieser Langhaarperücke: Sie erinnert mich daran, dass Schönheit nicht immer das Ziel sein muss. Manchmal geht es darum, sich selbst zu überraschen, mit etwas Unerwartetem konfrontiert zu werden und sich zu fragen: Was löst das in mir aus?
Dieses Selbstporträt wird wohl niemand rahmen und an die Wand hängen. Aber es hat seinen Platz in meinem Projekt und in meiner Geschichte. Denn in seinem Humor, in seiner Schrulligkeit steckt eine Wahrheit: Ich darf auch einmal „furchtbar“ aussehen, schrullig sein, und dennoch ganz bei mir selbst ankommen. Eine Einladung, mich selbst nicht allzu ernst zu nehmen.
Ich altere mit Würde, Humor und Gelassenheit.
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