Historisch gesehen wurde das Alter oft mit Weisheit und Erfahrung assoziiert. In vielen Kulturen wurden ältere Menschen als die Bewahrer des Wissens und der Traditionen geehrt. Diese positive Sichtweise stellt das Alter als eine Zeit des geistigen Reichtums und der Lebenserfahrung dar. In unserer modernen Gesellschaft jedoch, wird Jugend und Schönheit glorifiziert, und das Alter wird als etwas Negatives wahrgenommen. Umso wichtiger und ebenso schwieriger ist es, eine persönliche, positive Einstellung zum Älterwerden zu entwickeln.
Elke Heidenreich spricht in ihrem Buch davon, eine aktive und positive Einstellung gegenüber dem Alter zu entwickeln bedeutet, dass man die Möglichkeiten, die diese Lebensphase bietet, erkennt und nutzt. Sie bezweifelt, ob der frühzeitige Ruhestand tatsächlich etwas ist, das anzustreben sich lohnt. Ruhestand, wovon? Sicherlich, Menschen, die einen Beruf ausübten, der körperlich sehr anstrengend war oder mental sehr erschöpfend, sind vielleicht froh, wenn sie diesen endlich nicht mehr jeden Tag ausüben müssen. Doch was ist mit denen, deren Rente nicht ausreicht, um ein befriedigendes Leben führen zu können?
Zu der letzteren Gruppe gehöre ich auch, denn als ich jung war, habe ich mir keine Gedanken darüber gemacht, wie das sein wird, wenn ich eines Tages nicht mehr arbeiten kann. Da ich ja bisweilen Aufträge annehme, komme ich noch über die Runden. Doch meine gesundheitlichen Einschränkungen, die ich in diesem Jahr erfahren habe, haben mich diesbezüglich sehr nachdenklich gemacht.
Aktuell ist das Alter für mich eine Zeit der Selbstreflexion und des persönlichen Wachstums. Ich stelle fest, dass ich manchem Dingen gegenüber eine größere Gelassenheit habe und auch, dass ich ein tieferes Verständnis für das Leben insgesamt entwickle, und genau das hat E.H. in ihrem Buch bestätigt. Was sie auch hat, sie hat Erinnerungen bei mir ausgelöst, viele sogar. Diese haben mich heute Morgen mit einem Lachen aufstehen lassen Ja, Reflexion kann zur Zufriedenheit und einem guten Gefühl führen.
Bei mir waren es Erinnerungen an die Männer in meinem Leben, ja, da gab es welche. Affären, One-Night-Stands, einen Ehemann. Ich war oft unglücklich verliebt und, wenn ich so zurückblicke, weiß ich gar nicht, warum ich nicht glücklicher gewesen bin, als ich es in meiner Erinnerung war. Was habe ich gesucht? Was wollte ich und habe es nicht bekommen? Egal, wenn mir das nicht einfällt. Was ich jedoch erinnere ist, wie aufregend es war, sich in einem Haus, in der eine WG lebte und gerade eine Party stattfand, ein unbenutztes Zimmer zu suchen, um miteinander schlafen zu können und es dann zu finden und zu tun.
Ich bin mit der Pille aufgewachsen und mit den gesellschaftlichen Veränderungen, die die 68er gebracht hatten. Promiskuität war nichts Verwerfliches. Ich hatte auch Männern, die wesentlich jünger waren als ich. Warum erwähne ich das? Weil ich mir im Moment nicht vorstellen kann, dass ein Mann sich in meinem Alter so jung fühlt wie ich.
Das ist ein besonders interessanter Aspekt des Alters. Denn da ich es bisher nicht war, weiß ich eigentlich nicht wie es ist und wie ich mich zu verhalten habe. Was ich mitbekomme ist, wie sich jüngere Menschen das Alter vorstellen und dazu scheine ich oft nicht zu passen, was weniger mit mir und vor allem mit ihren Vorstellungen zu tun hat.
E.H. spricht darüber auch in ihrem Buch. Anders als sie liebe ich die Tatsache Enkel zu haben, nicht weil ich eine plätzchenbackende und strickende Großmutter sein möchte, sondern einfach weil sie da sind. Weil sie mich quasi fortschreiben. Meine Enkeltochter hatte z.B. visuell starke Ähnlichkeit mit dem Baby, das meine Mutter auf Fotos ist. So etwas zu sehen, gefällt mir.
Meine Eigenständigkeit und vor allem meine Selbstständigkeit ist mir sehr wichtig und eine aufgeräumte Wohnung.
In der letzten Zeit ist mir auch bewusst geworden, wie respektlos sich manche Männer, mir gegenüber verhalten und ich habe mich gefragt, was mich eigentlich an ihnen so fasziniert hat, als ich jünger war.
Auf jeden Fall löst dieses Buch so einiges Nachdenken und Erinnern bei mir aus. Was ich gerade wunderbar finde.
Ich habe heute, nach drei Monaten, den ersten Auftrag für ein Porträtshooting, darauf freu’ ich mich. Dass es mir nichts ausgemacht hat, solange nicht zu fotografieren, liegt einerseits an dem Hexenschuss von Ende März und die daraus resultierenden Folgen.
Meine Haushaltshilfe hat, ich glaube, es war im Februar, ihre Unterstützung gekündigt und ich hatte bisher nicht die Möglichkeit mich um eine neue zu kümmern. Da ich keine Aufträge hatte, war das weiter auch nicht tragisch, doch nun hatte ich einen, und dann noch zwei weiter Fototerminen in dieser Woche und das Chaos in meiner Wohnung wurde langsam auffällig. Ich kam damit klar, vor allem weil ich mich auch außerstande fühlte es zu beseitigen – was jedoch nun anstand. Und, was soll ich sagen: Ich habe es mit Unterstützung auch geschafft und finde diese aufgeräumte und saubere Wohnung einen Hochgenuss. Außerdem ist es einfach nur wohltuend, nicht ständig auf Sachen zu blicken, die unbedingt erledigt werden müssen. Diese sind immer noch da, aber eben nicht sichtbar.