Hochsensibilität ist eine angeborene Eigenschaft, bei der das Nervensystem Reize besonders tief und differenziert verarbeitet. Etwa 15–20 % aller Menschen gelten als hochsensibel. Sie spüren mehr, reagieren intensiver und nehmen zwischen den Zeilen wahr – emotional, körperlich, atmosphärisch. Hochsensibilität ist weder Krankheit noch Diagnose, sondern eine besondere Art, Welt und Mensch zu erleben.
Was hat das mit mir zu tun?

Ausgelöst durch eine beiläufige Frage begann ich, mich mit den Themen Neurodivergenz und Hochsensibilität zu beschäftigen.
Dieses Hörbuch brachte den Wendepunkt: Ich hörte zu – und erkannte mich. In der Sprache. In der Art, wie über Wahrnehmung gesprochen wurde. Es war, als hätte jemand mein Innerstes in Worte gefasst.

Dann gab es eine Embodiment-Session zum Halschakra.

Das Halschakra – auch Kehlchakra oder Vishuddha genannt – ist das fünfte der sieben Hauptenergiezentren im Körper.
Es liegt in der Region des Halses, genau dort, wo Stimme, Atem, Ausdruck und Kommunikation zusammenkommen. Es steht für:

  • Selbstausdruck
  • Wahrhaftige Kommunikation
  • Kreativität über Sprache, Klang, Kunst
  • Die Fähigkeit, die eigene Wahrheit auszusprechen

 

Heute habe ich einer Freundin erzählt, dass ich kurz davor stehe, einen Kaufvertrag für meine Werkgruppe „BESTANDTEIL“ zu unterzeichnen – sie soll in die fotografische Sammlung einer wichtigen Institution aufgenommen werden.

Sie gratulierte mir – aufrichtig.

Und plötzlich, fast nebenbei, wurde mir klar: Die Fotografie ist ein großer Teil meiner Stimme.

Ein Bild kam mir in den Kopf:
Wenn ich auf Demonstrationen fotografierte und die Kamera vor mein Auge nahm, fokussierte ich auf einen Ausschnitt und blendete das Drumherum aus.
So habe ich mir die Welt verständlich gemacht.

Diese Erkenntnis löste eine warme Welle in mir aus. Und auf meinem Gesicht erschien sanft ein Lächeln. Diese Erkenntnis war verwirrend – und zugleich ein Gefühl wie: nach Hause kommen. Denn manchmal, wenn wir etwas zum ersten Mal hören – eine Beschreibung, ein Konzept, eine Kategorie –, erkennen wir darin uns selbst. Etwas, das bisher unbenannt und dadurch auch unerkannt war. Das ist ein mächtiger Moment. So, als würde ein verborgener Raum endlich Licht bekommen.
Aber mit dieser Resonanz kam auch ein Erdbeben. Denn, wenn das wirklich stimmt –

… was bedeutet das rückblickend für mein Leben?
… für die Art, wie ich Beziehungen geführt habe?
… für mein Ringen mit Reizüberflutung, Rückzug, Nähe?
… für all das, was andere als „zu viel“, „zu empfindlich“, „komisch“ bezeichnet haben?

In den vergangenen Jahren wurde meine Wahrnehmung, meine Feinfühligkeit, meine Art zu denken und zu fühlen nicht gespiegelt. Plötzlich ist da ein Spiegel – und mir wird klar, wie groß die Diskrepanz war zwischen dem, was ich fühlte, und dem, was anerkannt wurde. Das ist erschütternd – und gleichzeitig befreiend.
Mir ist erst im letzten Drittel meines Lebens bewusst geworden, dass ich Legasthenikerin bin. Jetzt erkenne ich: Ich bin auch hochsensibel. Und dafür hatte ich bisher keine Worte. Natürlich wusste ich, dass ich Menschen anders wahrnehme – gerade in der Porträtfotografie. Ich hielt das für eine berufliche Stärke, eine fotografische Qualität. Aber jetzt verstehe ich: Diese Wahrnehmung ist immer da. Nicht nur hinter der Kamera.
Die Wahrheit ist: Ich habe ein hochintelligentes, feinsinniges Nervensystem – das einfach nie im richtigen Kontext verstanden wurde. In den letzten Wochen war ich körperlich und seelisch erschöpft. Ich war krank, hatte Schmerzen, fühlte mich überfordert. Ich hatte Zeit zum Nachdenken – und fand keine Antworten. Nur Leere. Und leichte Verzweiflung.

Ich schreibe diesen Text nicht, weil ich nun alles verstehe. Ich schreibe ihn, weil ich mir selbst nähergekommen bin – und das vielleicht auch anderen Mut machen kann. Ich habe lange gebraucht, um diese Worte zu finden. Noch länger, um sie auszusprechen. Hochsensibilität war für mich kein Thema – bis sie plötzlich ein Spiegel wurde. Sie ist kein Etikett, sondern eine Art, mit der Welt in Beziehung zu sein. Vielleicht findest du dich in dem einen oder anderen Satz wieder? Und vielleicht ist genau das der Anfang:

Dass wir unsere Sprache wiederfinden – jede auf ihre Weise.

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