Es gibt Morgen, die nicht einfach beginnen.
Sie öffnen sich.
Sie legen etwas frei, das lange in einem gewartet hat.

Heute war so ein Morgen.

Gestern stand ich zum ersten Mal mit meinem Buch vor einem Publikum.
Eine Generalprobe, nennt man das, doch es fühlte sich nicht nach Probe an.
Es fühlte sich an wie eine Schwelle, die ich unvermittelt überschritten habe: ein Übergang von innen nach außen, von jahrelanger Arbeit in das erste Echo, von Stille in Resonanz.

Menschen hörten zu.
Menschen sahen mich.
Menschen sprachen mich an – mit Dank, mit Bewegung, mit etwas Echtem.
Es gab Anerkennung in einer Intensität, die mich überrascht hat. Eine Buchhändlerin rief mich an und sagte: „Ein großartiges Buch. Wir möchten gern eine Lesung mit Ihnen machen.“

Ich habe lange für diesen Moment gearbeitet, aber nichts hat mich darauf vorbereitet.
Weder die Jahre des Schreibens, noch die Jahrzehnte der Fotografie, noch die Stille, in der ich alles in mir sortiert habe.

Und heute Morgen, nach dieser Fülle, stand ich in meiner Küche und wusste: Ich habe allen Grund zu feiern.
Nicht laut.
Nicht öffentlich.
Sondern in einer stillen, aufrechten Weise.

Ich begann zu decken, als würde ich jemanden erwarten – und irgendwann begriff ich, dass diejenige, für die ich das tue, ich selbst bin.

Ein Frühstück, das größer war als mein Hunger: Trauben, Himbeeren, Tomaten, Käse, Brot, Kaffee. Und ein Glas Champagner, das leise ins Glas rann, als wolle es das Gestern versiegeln.

Ich nahm den Moment auf – nicht zur Inszenierung, sondern um mich daran zu erinnern, wie es aussieht, wenn man sich selbst etwas zugesteht.

Ein Fotobuch ist ein Gespräch

Gestern fiel mir ein Satz ein, den ich vor Jahren gelesen habe. Die indische Fotografin Dayanita Singh schrieb: Ein Fotobuch ist immer ein Angebot an einen Gesprächspartner in der Zukunft – an einen anonymen Gesprächspartner.“

Vielleicht habe ich genau das gestern erlebt: diese merkwürdige, zarte Verschiebung zwischen Nähe und Zukunft.
Zwischen meiner Stimme und den Stimmen derer, die zuhörten.
Zwischen dem, was ich geschrieben habe, und dem, was in anderen weiterklingt.

Und heute Morgen, an meinem Frühstückstisch, begriff ich etwas, das mich still machte: Der erste Gesprächspartner eines Buches ist nicht die Öffentlichkeit.
Nicht die Bühne.
Nicht die Lesung.
Sondern diejenige, die es geschrieben hat.

Ich saß dort, mit Trauben und Himbeeren, mit Kaffee und Champagner, und spürte: Dieses Gespräch zwischen mir und meinem Buch beginnt erst jetzt.
Es ist leise.
Es ist klar.
Und es trägt mich.

Was jetzt beginnt

In den nächsten Tagen werde ich lesen: in Dresden, in Düsseldorf.
Ich werde Worte in Räume geben, Menschen begegnen, Fotografien zeigen, und vielleicht noch mehr dieser unerwarteten Rückmeldungen erleben.

Doch das Wichtigste bleibt dieser Morgen.
Dieser Tisch.
Diese Stille, die nicht leer war.
Diese neue Art, mir selbst zu begegnen.

Ich habe allen Grund zu feiern.
Nicht weil alles leicht wäre.
Nicht weil alles abgeschlossen ist.
Sondern weil ich meine Arbeit sehe.
Weil mein Buch jetzt lebt.
Weil etwas begonnen hat, das größer ist als ich.

Und weil ich – zum ersten Mal seit Langem – spüre, dass ich meinen Platz in diesem Gespräch einnehme und wie sehr ich in meiner eigenen Frequenz angekommen bin.

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