Die Nachricht von Martin Parrs Tod hat mich unerwartet getroffen. Ein Fotograf, dessen Blick so scharf war wie seine Ironie, ist verstummt – und doch klingt etwas nach. In seinen Fotografien blieb nichts belanglos: Farbe wurde zum Kommentar, Alltag zur Bühne, Humor zur leisen Kritik an unseren Gewohnheiten.
Ich habe Parr nie persönlich getroffen, aber seine Arbeit begleitet mich seit Jahrzehnten. Sie hat mir gezeigt, wie Fotografie gleichzeitig zärtlich und unerbittlich sein kann; wie sie Nähe schafft, indem sie Distanz nicht leugnet. Parr beobachtete Menschen mit einem liebevollen Spott, der nie verletzte, sondern enthüllte.
Seine Erkrankung – ein multiples Myelom – fügt der Nachricht eine zusätzliche Schwere hinzu. Und dass er zwei Jahre jünger war als ich, hat mich hart erschüttert. Da ist dieses kurze innere Beben, wenn die Endlichkeit plötzlich kein abstrakter Gedanke mehr ist, sondern eine fühlbare Tatsache wird. Ein Schlag gegen das eigene Zeitgefühl.
Vielleicht berührt mich sein Tod deshalb so sehr. Und es erinnert mich daran, dass ein Werk bleibt – als Einladung, genauer hinzuschauen, radikaler zu sehen, unbequemer zu sein.
Ich verneige mich vor einem, der die Fotografie erweitert hat, ohne sich je zu erhöhen.
Sein Werk bleibt. Seine Haltung auch.
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