Ich liebe einen guten Meinungsaustausch. An meinem Geburtstag z. B, in einem lauschigen Café in Monschau, hatten meine Tochter und ich einen solchen ganz heftigen zum Thema, wann fängt Rassismus an? Wir mussten meiner Schwester und den um uns herum sitzenden weiteren Gästen in diesem Café erklären, dass wir uns nicht gleich an die »Köppe gehen« würde, sondern dass die Heftigkeit ein Ausdruck unseres familiären Temperaments sei. Wir sind nun mal Mutter und Tochter. Ich diskutiere gern mit meiner Tochter, denn das sind meist Diskussionen auf recht hohem Niveau. So war das auch in Monschau und am Ende haben wir uns dann nicht einigen können und mussten es einfach aushalten, dass wir uns nicht einig sind. Das kann ich auch einigermaßen gut.

Ich kann mich auch entschuldigen, wenn ich feststelle, dass meine Wortwahl mein Gegenüber verletzt hat, da ich dies niemals beabsichtige.

Was ist passiert?

In einem schriftlichen Beitrag in meinem Blog, in dem es, u.a. um meinen Selbstwert ging und meine Unfähigkeit Lob anzunehmen, hatte ich davon gesprochen, welche qualifizierten Ausbildungen ich absolviert habe und dass ich über eine langjährige Berufserfahrung verfüge und mir gerade klar geworden war, dass sich diese zum Beispiel in meiner Art Portraits von Menschen zu machen zeigt.

Schwangere Frau

Es gibt bestimmte kulturelle und soziale Normen, die Frauen dazu ermutigen, bescheiden zu sein und ihre Erfolge nicht zu betonen. In einigen Gesellschaften wird von Frauen sogar erwartet, dass sie demütig und zurückhaltend sind, während Männer eher dazu ermutigt werden, stolz auf ihre Leistungen zu sein und sie öffentlich zu feiern.

Wir haben 2023 und ich darf stolz darauf sein, wer ich bin und was ich kann. Oder gibt es einen inhärenten Grund, warum ich als Frau nicht stolz auf meine Lebensleistungen sein darf?

Der Kontext war übrigens der, dass ich versucht hatte zu verdeutlichen, was ein grottenschlechter Schnappschuss für Auswirkungen auf die Person haben kann, die darauf abgebildet ist. Und dass es in der Verantwortung des Fotografierenden liegt, solche Fotos zu editieren, und falls als notwendig erkannt, sie zu löschen. Es kann sein und dafür habe ich mich auch entschuldigt, dass die Worte, die ich gewählt habe, missverständlich waren. Mir war an diesem Ereignis allerdings etwas aufgefallen, das mir bis dahin nicht klar war, aber wichtig genug, um daraus einen Blogbeitrag zu machen: Solche misslungenen Schnappschüsse sind wahrscheinlich massenhaft in der Welt und führen dazu, dass Frauen sich für »unfotogen« halten. Was sie jedoch nicht sind, sie wurden nur schlecht fotografiert. Und genau diese Aussage hätte ich wohl nicht treffen dürfen und da ich es getan hatte, wurden sie zum Anlass für viele mich verletzenden Worte.
So wurde mir in einem schulbuchartigen Mansplaining gesagt, dass ich mich auf diesen von mir als grottenschlecht bezeichneten Fotos gefälligst anzunehmen hätte, denn so sehe ich nun mal aus. Und es dürften nicht nur Fotos geben die, Zitat: meinen “Körper perspektivisch schön rechnen.

Wie bitte?
Stehe ich für eine solche Fotografie?

Nein, das tue ich nicht. Ich beschönige nichts, ich habe Respekt und Wertschätzung für die Menschen vor meiner Kamera und das macht meine Bildsprache aus.
Frau, Brustkrebs, schwarz-weiß, Portrait, Düsseldorf
Oh ja, es kann Momente geben, in denen es beabsichtigt ist, mit Worten zu verletzen. Wenn z.B. vehement und wiederholt in einem paternalistischen und herablassender Ton mir erklärt wird, dass ich das bin, was diese Bilder zeigen. Und dass mein Gegenüber mich genau so sehen würde. Was ich vehement bestreite, denn das sind einfach nur grottenschlechte Fotos, die in die Tonne gehören und keinesfalls meine “Schattenseiten” zeigen.

Um was geht es?

Hauptsächlich um meine Meinung zu Fotos von mir, die ich in einem Blogbeitrag niedergeschrieben habe. Aufgrund dessen mir vorgeworfen wird, dass ich ein “Großmeisterdenken” an den Tag lege, dass ich übermäßige Arroganz und ein Überlegenheitsgefühl gezeigt habe und andere damit herabsetzte. Dass ich glaube, dass ich aufgrund meines Fachwissens und meiner Fähigkeiten über anderen stehe und diese abwerte.
Ein solcher Vorwurf kann ganz sicher nicht zu einer konstruktiven und positiven Kommunikation beitragen und ist verletzend gemeint, oder sehe ich das falsch?

Nochmal die Frage:

Um was geht es?

War mein Blogbeitrag, Zitat: “…das gerade ziehen des eigenen (also meines) Egos” ? Und habe ich nicht bemerkt, dass ich damit Männern vor den Kopf stoße? Inzwischen habe ich bemerkt, dass mein Blogbeitrag missverständlich war und ich für meine Kritik an den Fotos wohl die falschen Worte gewählt habe. Doch dass meine Kritik an der Qualität der Fotos einfach eine,  Zitat »maximale Unverschämtheit« ist, kann ich nicht teilen.

Geht es hier nicht schlicht um KRITIKFÄHIGKEIT und das männlich Ego.

Kritikfähigkeit bezieht sich auf die Fähigkeit einer Person, Kritik anzunehmen, zu reflektieren und darauf angemessen zu reagieren. Es handelt sich um eine wichtige soziale und emotionale Kompetenz, die es einer Person ermöglicht, konstruktive Kritik zu erkennen und daraus zu lernen. Eine kritikfähige Person ist offen für Feedback, unabhängig davon, ob es positiv oder negativ ist. Sie betrachtet Kritik nicht als persönlichen Angriff, sondern als Möglichkeit zur Weiterentwicklung und Verbesserung. Kritikfähigkeit beinhaltet die Fähigkeit, Feedback objektiv zu bewerten, eigene Standpunkte zu hinterfragen und andere Perspektiven einzunehmen.

Eine kritikfähige Person zeigt auch die Bereitschaft, Verantwortung für ihr Handeln zu übernehmen und aus Fehlern zu lernen. Sie kann konstruktive Kritik von unangebrachter Kritik unterscheiden und angemessen darauf reagieren.

Umgangssprachlich steht das Wort Ego für das eigene Selbstwertgefühl und basiert auf traditionellen Annahmen und Klischees über Männlichkeit, die gesellschaftlich relevant sind und zum größten Teil von den meisten Männern unbewusst verinnerlicht worden sind. Mit anderen Worten, das männliche Ego ist nicht nur eine Widerspiegelung des individuellen Selbst, sondern auch Ausdruck kultureller Definitionen von Männlichkeit sowie Vorstellungen, wie Männer denken und handeln sollten. So wird die Identität eines Mannes durch gesellschaftliche Einflüsse geformt. Schließlich sind wir Menschen soziale Wesen! Die männliche Geschlechterrolle wird mit aktiven, nicht passiven Begriffen beschrieben. Männer sind mutig, stark, leistungsfähig, unabhängig und stabil, dagegen sind Frauen passiv, emotional, schwach und eher sozial ausgerichtet. Verletzt wird das männliche Ego vorrangig dann, wenn er sich nicht mit Respekt und Achtung behandelt fühlt.

Meine Kritik an dem Foto hat wohl genau zu diesem Eindruck geführt, was ich bedauere.

Die Zusammenstellung dieser beiden total unterschiedlichen Fotos haben genau diesen Eindruck verstärkt, das habe ich inzwischen begriffen. Doch es ist nicht so, dass der Grund für meine Kritik an den Fotos von mir der ist, dass ich Problem mit meinem Selbstbild habe und nicht damit klarkomme, dass ich alt und krank bin. Das ist Mansplaining! Die  Empfehlung, dass ich bitte keine Workshops mehr machen sollte ebenfalls.
Ich hätte gerne darüber diskutieren, wie es zu solch unterschiedlichen Portraits derselben Person kommen kann!

 

Welche Lehre ziehe ich aus dem Ganzen?

  • War es falsch, ein FotoTreffen mit fünf Männern zu veranstalten?
  • War es falsch, ein FotoTreffen für Fotoenthusiasten zu veranstalten?
  • War es falsch, die schlechten Schnappschüsse von mir zur Grundlage einer Erkenntnis zu nehmen?
  • War es falsch, diese schlechten Schnappschüsse zu kritisieren?
  • War es falsch, den Blogbeitrag zu schreiben?
  • Ist es falsch, meine Qualifikationen aufzuzählen und stolz darauf zu sein, dass ich eine gute Portraitfotografin bin?
  • Dass es respektlos und verletzend und außerdem falsch ist, immer wieder zu sagen, dass ich so aussehe wie auf den von mir kritisierten Fotos.
  • Dass es übergriffig ist zu sagen, das Hauptproblem wäre wohl mein Selbstbild/Weltschmerz, weil ich alt und krank bin.

Selbstverständlich gibt es auch Selbstportraits von mir, die mich in der jeweiligen Verfassung zeigen, die ich beabsichtige zu zeigen.

Mein Schlusswort:

F e h l e r sind H e l f e r – nur anders buchstabiert.

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