Zweifel, Unsicherheit, Verwirrung
Beim Betrachten meines fotografischen Archivs begegneten mir nicht nur Bilder, sondern auch Gefühle wie Zweifel, Unsicherheit und Verwirrung. Fotografien sind ja nicht nur Abbilder der äußeren Welt, sondern auch immer Projektionen des Inneren – dessen, was ich sehe, empfinde oder vielleicht auch verbergen möchte.
Mein heutiges Selbstverständnis als Frau basiert darauf, was ich über mich weiß und bewusst wahrnehme. Doch als ich vor fast fünf Jahren in mein fotografisches Archiv einstieg, entdeckte ich eine Fotografin, die mir fremd geworden war. Heute finde ich in meinem Printarchiv eine Frau, die ich nicht wiedererkenne. Das ist verwirrend und emotional aufwühlend, wie ein Spiegel, der plötzlich eine andere Person zeigt.
Daher frage ich mich aktuell: Was ist wichtiger – das Heute zu umarmen oder tief in die Vergangenheit einzutauchen?
Die Frage, was für eine Frau ich bin oder war, ist für mich eine zentrale, existenzielle Frage. Doch wie ergründe ich das? Oder sollte ich es lassen und mich einfach so nehmen, wie ich mich heute sehe?
Foto: Hanne Horn
Foto: Werner Kirgis
Foto: Claudia Thoelen
Vielleicht könnte ich die Chance nutzen und in einen Dialog eintreten – zwischen meinem heutigen Selbstverständnis und meiner Identität. Mein Selbstverständnis ist das bewusste Bild, das ich von mir habe. Meine Identität jedoch umfasst viel mehr: auch die unbewussten Einflüsse, mein kulturelles Umfeld, meine Erlebnisse und Beziehungen – auch jene, die ich vielleicht nicht vollständig reflektiert habe, die mich aber dennoch geprägt haben.
Die Frage ist: Kann ich es wagen, mein heutiges Selbst und mein früheres Selbst als unterschiedliche Facetten derselben Person anzuerkennen? Kann ich die Frau von damals und die Frau von heute als Teile eines einzigen Lebens-Mosaiks sehen – auch wenn sie nicht deckungsgleich sind?
Foto: Pierre Steinhauer